Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Beantragung von Pflegeleistungen (hier: Pflegegeld). keine Anwendung der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. Sanktionierung in Form einer finanziellen Entschädigung nach § 18 Abs 3 SGB 11
Orientierungssatz
1. Bei der Fiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 handelt es sich um eine Vorschrift, die lediglich im Bereich des Krankenversicherungsrechts Anwendung findet. Umfasst sind nur solche Konstellationen, in denen der Versicherte bei seiner Krankenkasse eine Leistung beantragt. Etwaige Ansprüche oder Rechtsfolgen gegenüber der Pflegeversicherung sind damit gerade nicht erfasst.
2. Nach § 18 Abs 3 SGB 11 hat der Gesetzgeber im Bereich der sozialen Pflegeversicherung lediglich eine Sanktionierung in Form einer finanziellen Entschädigung und gerade keine Genehmigungsfiktion regeln wollen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Pflegegrad 5 ab November 2017.
Die am … 1949 geborene Klägerin leidet an Morbus Parkinson und einer organischen Halluzinose. Die Beklagte hatte ihr zuletzt Leistungen nach dem Pflegegrad 4 ab Januar 2017 bewilligt.
Die Klägerin beantragte am 21. November 2017 bei der Beklagten die Höherstufung nach Pflegegrad 5. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten. Die Pflegefachkraft M. gelangte in dem Gutachten vom 28. Februar 2018 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin bei der Beurteilung ihrer Pflegebedürftigkeit 78,75 gewichtete Punkte erreiche und damit die Voraussetzungen für den Pflegegrad 4 erreicht seien (Mobilität: 7,5 Punkte; kognitive und kommunikative Fähigkeiten und Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: 15 Punkte; Selbstversorgung: 30 Punkte; Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: 15 Punkte; Gestaltung des Arbeitslebens und sozialer Kontakte: 11,25 Punkte).
Mit Bescheid vom 01. März 2018 lehnte die Beklagte die Bewilligung eines höheren Pflegegrades deshalb ab. Der Umfang der Selbstständigkeit entspreche weiterhin dem Pflegegrad 4.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die Beklagte habe verspätet über ihren Antrag entschieden. Daher greife die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Unabhängig davon bestünden auch in dem MDK-Gutachten Unstimmigkeiten. Auf Seite 5 des Gutachtens werde angegeben, dass die Mindeststundenanzahl von 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tagen in der Woche nicht erreicht werde. Auf Seite 11 werde hingegen aufgeführt, dass der Pflegeaufwand nachvollziehbar bei wenigstens 10 Stunden verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage pro Woche liege. Sie benötige aber an 7 Tagen in der Woche täglich 24 Stunden Betreuung/Versorgung. Bezüglich des Moduls 1 sei ihr auch das Halten einer stabilen Sitzposition selbstständig nicht möglich; lediglich bei einem Stuhl mit Armlehnen sei dies möglich. Bei der Bewertung des Moduls 2 sei es auch nicht zutreffend, dass sie die Fähigkeit habe, größtenteils Risiken und Gefahren zu erkennen oder sich an Gesprächen zu beteiligen. Sie habe auch nicht nur eine seltene nächtliche Unruhe; vielmehr habe sie dies häufig. Zu Unrecht seien auch ihre Ängste mit 0 Punkten bewertet, ebenso ihre verbalen Aggressionen. Auch bei der Selbstversorgung komme es zu Unstimmigkeiten. Aufgrund ihrer körperlichen Einschränkung könne sie manche der aufgeführten Tätigkeiten nicht ausüben; sie sei unselbstständig. Zudem erledige sie bei der Haushaltsführung nichts selbstständig.
Mit Schreiben vom 22. März 2018 entschuldigte sich die Beklagte bei der Klägerin für die lange Bearbeitungsdauer ihres Antrages auf Höherstufung. Man habe sich zum Ziel gesetzt ihren Antrag innerhalb von 25 Arbeitstagen zu entscheiden. Deshalb habe man sie gerne bis zum 05. Februar 2018 informiert, was leider nicht geschehen sei. Sie erhalte hierfür eine Entschädigung für die Zeit vom 06. Februar bis 01. März 2018 i.H.v. 280,- €.
Mit weiterem Schreiben vom 13. April 2018 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei mit einer weiteren Begutachtung nicht einverstanden; diese sei nicht erforderlich.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des Pflegegrades 5 seien nach den Feststellungen des MDK nicht erfüllt. Eine besondere Bedarfskonstellation (Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und Beine), die aufgrund eines vollständigen Verlustes der Greif-, Steh- und Gehfunktion eine Zuordnung in den Pflegegrad 5 begründen könnte sei ebenfalls nicht gegeben, weil nach sozialmedizinischer Feststellung eine derartige Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine nicht vorliege, da eine Restbeweglichkeit vorhanden sei, die z.B. die Bedienung eines Joysticks zur Fortbewegung des Rollstuhls ermögliche.
Aus diese...