Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verzinsung bei Umdeutung eines Reha-Antrags in einen Rentenantrag. vollständiger Leistungsantrag
Leitsatz (amtlich)
Für die Verzinsung eines Rentenanspruchs gemäß § 44 SGB 1 ist ein vollständiger Rentenantrag erforderlich; ein gemäß § 116 SGB 6 später umgedeuteter Reha-Antrag reicht hierfür nicht aus (entgegen SG Detmold vom 26.4.2000 - S 9 (7) RJ 16/99).
Orientierungssatz
Ein vollständiger Leistungsantrag iS des § 44 Abs 2 Halbs 1 SGB 1 ist dann anzunehmen, wenn der zuständige Leistungsträger dadurch in die Lage versetzt wird, die von Amts wegen durchzuführende Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen. Für den Antragsteller bedeutet Vollständigkeit des Leistungsantrags, die Amtsermittlung des Leistungsträgers im Rahmen seiner Mitwirkungsmöglichkeiten und -pflichten vorzubereiten und zu ermöglichen. Der genaue Zeitpunkt des Fristbeginns im Rahmen des § 44 SGB 1 ist somit nur unter abwägender Beurteilung der beiderseitigen Handlungspflichten feststellbar (vgl BSG vom 22.6.1989 - 4 RA 44/88 = BSGE 65, 160 = SozR 1200 § 44 Nr 24).
Tenor
1. Die Klage wird - soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 17.12.2002 hinausgeht - abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind über das Teil-Kostenanerkenntnis der Beklagten vom 17.12.2002 hinaus nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über den Beginn der Verzinsung einer Rente.
Die 1970 geborene Klägerin beantragte am 9. Juni 1999 bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsfähigkeit. Am 08.07.1999 und am 14.01.2000 richtete die Beklagte Anfragen zur Vervollständigung der rentenrechtlichen Zeiten an die Klägerin; die auf dem Formblatt ausdrücklich vorgesehene Anforderung eines Geburtsnachweises war nicht angekreuzt, obwohl ein Geburtsnachweis mit dem Antrag noch nicht vorgelegt worden war.
Unaufgefordert erwähnte der Bevollmächtigte der Klägerin in einem Schreiben vom 26.01.2000, Geburtsurkunde und Antrag auf unbare Zahlung reiche er noch nach. Daraufhin forderte die Beklagte dann mit Schreiben vom 08.02.2000 die Vorlage einer Geburtsurkunde oder eines anderen Geburtsnachweises.
Bewilligt wurde die Rente dann mit Bescheid vom 31.03.2000. Hiernach wurde der Klägerin auf ihren Antrag vom 30.01.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beginnend ab 01.04.1999 bis 31.07.2001 bewilligt. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, als Rentenantrag gelte nach § 116 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) der am 30.01.1998 gestellte Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Rehabilitation.
Die Klägerin beantragte dann noch die Verzinsung der Nachzahlung aus dem Bescheid vom 31.03.2000.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2001 ab. Gemäß § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) beginne die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Zum Bescheid vom 31.03.2000 habe der vollständige Antrag am 11.02.2000 (Eingang der Geburtsurkunde) bei der BfA vorgelegen. Das Ende des sechsten Kalendermonats nach dem Kalendermonat des Antragseinganges sei somit der 31.08.2000. Am 28.06.2000 habe die Klägerin über die Nachzahlung verfügen können. Da das Verfügbarkeitsdatum vor dem Verzinsungsbeginn liege, ergäbe sich für den Nachzahlungsbetrag kein Zinsanspruch.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein.
Zugleich beantragte sie, über die Verzinsung einer weiteren Nachzahlung zu entscheiden. Bei dieser Nachzahlung aus dem Bescheid vom 22.10.2001 handelte es sich um eine Nachzahlung, die sich durch die nachträgliche Zahlung zusätzlicher freiwilliger Beiträge für die Rente ergeben hatte. Mit Bescheid vom 14.01.2002 entschied die Beklagte über die Verzinsung aus dem Bescheid vom 22.10.2001 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14.11.2001 zurück.
Am 26.04.2002 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben.
Sie hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2002 und gleichzeitiger Abänderung des Bescheides vom 14.11.2001 zu verpflichten, die Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 31.03.2000 ab dem 01.04.1999 zu verzinsen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.12.2002 ein Teil-Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass sie sich bereit erklärt hat, die Verzinsung nach § 44 SGB I für die Nachzahlung aus dem Bescheid vom 31.03.2000 ab 01.01.2000 durchzuführen.
Die Klägerin hat das Teil-Anerkenntnis der Beklagten angenommen. Sie führt die Klage jedoch weiter mit dem Ziel der Verzinsung bereits ab 01.04.1999.
Zur Begründung führt sie aus, der Antrag auf berufsfördernde Reha-Leistungen (hierbei handelte es sich, soweit den Verwaltungsakten zu entnehmen, um Kostenübernahme für einen Bürostuhl) sei durch die Beklagte nach § 116...