Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Gutachterauswahlrecht. etwaige Verletzung. Gutachtenbegriff. Beratervertrag. Rügeobliegenheit des Versicherten. unverzügliche Mitteilung. Heilung
Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherter muss eine von ihm angenommene Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs 2 SGB 7 dem Unfallversicherungsträger unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Verzögern, anzeigen (Rügeobliegenheit). Andernfalls wird eine Verletzung des Auswahlrechts, selbst wenn sie vorläge, mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich.
Orientierungssatz
1. Der Begriff des "Gutachtens" in § 200 Abs 2 SGB 7 ist eng auszulegen.
2. Wird ein Gutachten von einem Arzt erstattet, der in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert ist, ist der Tatbestand des § 200 Abs 2 SGB 7 nicht erfüllt, weil es nicht zu einer Datenübermittlung kommt. Neben den beim Unfallversicherungsträger angestellten oder verbeamteten Ärzten sind auch solche Ärzte in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert, mit denen dieser eine besondere Rechtsbeziehung eingegangen ist (hier: Beratervertrag).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind der Umfang eines unfallbedingten Zahnschadens sowie die Kosten für die Zahnsanierung umstritten.
Der 19... geborene, als Kraftfahrer beschäftigte Kläger erlitt am 09.11.2011 einen Arbeitsunfall: beim Aussteigen aus einem LKW-Führerhaus prallte er mit dem linken Fuß und dem Kopf gegen die zurückschwingende Fahrertür. Der Orthopäde Dr. C. diagnostizierte am 11.11.2011 als Gesundheitsstörungen eine Prellung des linken oberen Sprunggelenks ohne Anhalt für eine knöcherne Verletzung und erachtete den Kläger als weiter arbeitsfähig (vgl. H-Arzt-Bericht vom selben Tag).
Bei einem Telefonat am 20.01.2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten außerdem einen unfallbedingten Zahnschaden geltend und legte hierzu den Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. S. (geschätzte Behandlungskosten insgesamt: 2874,54 Euro) vor. In ihrem “Bericht Zahnschaden„ vom 13.03.2012 führte Dr. S. u.a. aus, der Kläger habe sie erstmals am 12.12.2011 aufgesucht; unfallbedingt seien die Zähne 13, 16 und 17 geschädigt und die Brücke im Oberkiefer rechts (Zähne 13 bis 16) abgebrochen. Eine “neue Sanierung„ sei erforderlich. Hierzu holte die Beklagte eine Stellungnahme des Zahnarztes Dr. R. ein. Dieser führte u.a. aus, Dr. S. habe ihm bei einer telefonischen Rücksprache versichert, unfallbedingt seien allein der Bruch der Brücke 13 bis 16, der Verlust des Brückenpfeilerzahns 16 und die Schädigung der hier vorhandenen Prothese; dagegen habe sie eine unfallbedingte Schädigung auch des Zahns 17 sowie der Zähne bzw. Kronen der Zähne 12 bis 22 ausdrücklich verneint. Die von Dr. S. mit Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 beantragte Versorgung sei zur Therapie der Unfallfolgen notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich, soweit es die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 und die Erneuerung der Modellgussprothese betreffe. Die hierfür anfallenden Kosten seien von der Beklagten zu tragen. Diese beliefen sich auf 509,22 Euro zuzüglich gesondert nachzuweisender Material- und Laborkosten. Die Kronenneuversorgung der Zähne 12 bis 22 und die Kronenversorgung des Zahnes 13 sei im Rahmen der Gesamtplanung zwar sinnvoll, jedoch nicht unfallbedingt. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und übernahm die Kosten für den Ersatz der Zahnbrücke 16 bis 13, die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 sowie die Erneuerung einer Modellgussprothese im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach dem geltenden Gebührenverzeichnis könne er Kosten für die prothetische Behandlung in Höhe von 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten übernehmen. Die Kronen(neu)versorgung der Zähne 12 bis 22 und des Zahns 17 sei unfallunabhängig erforderlich; die hierfür anfallenden Kosten seien deshalb ggfs. von der Krankenkasse des Klägers zu übernehmen (Bescheid vom 18.06.2013).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei es unfallbedingt auch zu einer Schädigung des Zahnes 17 und der Kronen der Zähne 12 bis 22 gekommen. Für die unfallbedingte Gebisssanierung seien Kosten im Umfang von 6.267,82 Euro anzusetzen, weshalb die von der Beklagten als ausreichend erachteten Kosten zu gering seien. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: die Zähne 12 bis 22 und 17 bzw. deren Kronen seien durch den Arbeitsunfall nicht betroffen gewesen. Der unfallbedingt erforderliche Behandlungsaufwand an den Zähnen 13 bis 16 betrage für das zahnärztliche Honorar 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten. Weitere Kosten seien nicht zu übernehmen (Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013).
Deswegen hat der Kläger am 02.12.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt er neben der Wiederholung seines...