Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietminderung. keine Direktzahlung an den Vermieter

 

Leitsatz (amtlich)

Mindert der Arbeitslosengeld II-Empfänger die Miete, darf der Grundsicherungsträger grundsätzlich die Miete nicht ungemindert an den Vermieter gem § 22 Abs 4 SGB 2 direkt auszahlen, sondern lediglich die Leistungen für die Unterkunft und Heizung entsprechend dem Maß der Minderung reduzieren.

 

Tenor

Der Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 05.05.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 06.05.2009 wird insoweit aufgehoben, als hierin für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 eine Direktzahlung von Leistungen an den Vermieter des Klägers verfügt wird.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Streitig ist die direkte Zahlung der vom Beklagten für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung an den Vermieter.

Der im laufenden Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten stehende Kläger mietete ab Juni 2007 eine Unterkunft zu einer Kaltmiete von 225 Euro zzgl. Nebenkosten von 100 Euro (ohne den auch zum Heizen verwendeten Strom) an. Bis April 2008 überwies der Beklagte die von ihm bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 325 Euro direkt an die Vermieterin des Klägers.

Ab Mai 2008 zahlte der Kläger keine Miete mehr unter Hinweis darauf, dass der Vermieter von ihm an die Stadtwerke ... bezahlte Abschläge für Stromlieferungen für Juni bis September 2007 von den ... herausverlangt und erhalten habe mit der Folge, dass ihm von Oktober 2007 bis März 2008 der Strom abgesperrt und die Unterkunft unbewohnbar geworden sei sowie elektrisch betriebene Geräte Schaden genommen hätten.

Der Vertreter der Vermieterin kündigte das Mietverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 26.01.2009 wegen Nichtzahlung bzw. Kürzung der Miete ab Mai 2008 mit sofortiger Wirkung für den Fall, dass er nicht ohnehin als Zeitvertrag zum 15.12.2008 abgelaufen sei. Eine Mehrfertigung des Schreibens sandte er an den Beklagten. Der Kläger widersprach sowohl dem Auslaufen des Mietvertrags als auch der Kündigung.

Am 24.03.2009 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten schriftlich, er werde die Kosten für die Unterkunft in Höhe von 325 Euro künftig, auch für April 2009, unverzüglich an seine Vermieterin weiterleiten.

Mit Bescheid vom 07.04.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - hiervon monatlich 353,35 Euro (ab 01.03.2009: monatlich 450,07 Euro) für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) - und verfügte nach Anhörung des Klägers, dass ein Betrag von 325 Euro monatlich zur Begleichung der Miete direkt an den Vermieter des Klägers ausgezahlt werde, weil seit Mai 2008 die gewährten KdU nicht komplett oder gar nicht an den Vermieter weitergeleitet worden seien.

Mit seinem Widerspruch gegen die Direktauszahlung berief sich der Kläger darauf, dass er die Miete zu Recht auf Null gemindert habe und die Voraussetzungen für eine Direktzahlung an den Vermieter nicht gegeben seien und versicherte, ab Mai 2009 die Mietzahlungen wieder aufzunehmen.

Mit Änderungsbescheid vom 05.05.2009 setzte der Beklagte - unter Anhebung der Mietobergrenze auf 223,70 Euro - die Direktzahlung an den Vermieter auf monatlich 317,17 Euro herab. Den Widerspruch des Klägers wies sie im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2009 als unbegründet zurück. Der Strom sei beim Kläger nicht deswegen abgestellt worden, weil der Vermieter vereinbarungswidrig die Strom- und Heizungskosten für die ersten sechs Mietmonate nicht übernommen habe - eine derartige Vereinbarung sei nicht nachgewiesen-, und auch nicht, weil der Kläger die Abschläge für Strom nicht gezahlt habe, sondern wegen Stromschulden des Klägers aus vergangenen Jahren in fünfstelliger Höhe.

Zur Begründung seiner am 08.06.2009 beim Verwaltungsgericht K. Klage erhobenen und mit Beschluss vom 07.07.2009 an das zuständige Sozialgericht Karlsruhe verwiesenen Klage trägt der Kläger vor, er rechne eine im Juni 2008 angekündigte Mietminderung und die Rückforderung von zu Unrecht an den Vermieter gezahlten Abschlägen für Nebenkosten mit dem Mietzins für die Monate Oktober 2007 bis März 2008 auf. Sein Vermieter habe eine Sperrung des Stroms und damit einen Mangel der Wohnung verursacht. Außerdem sei die Unterkunft mit Schimmel befallen. Es handele sich um eine erstmalige Minderung der Miete. Er habe gegenüber dem Beklagten seit April 2009 mehrfach erklärt, die Mietzahlungen ab Mai 2009 wieder aufzunehmen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.05.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2009 aufzuheben, soweit hierin eine Direktzahlung von Leistungen an den Vermieter des Klägers verfügt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, wegen aufgelaufener Mietschulden bestünd...

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