Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. Guthaben aus angespartem Erwerbseinkommen. Einsatz nach Abzug eines Freibetrags von 2.600 Euro. keine Härte. keine behinderungsspezifische Diskriminierung iS der UN-Behindertenrechtskonvention
Leitsatz (amtlich)
Das aus Einkünften aus eigener Erwerbstätigkeit angesparte Bankvermögen eines Empfängers von Hilfe zur Pflege ist grundsätzlich als Vermögen bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Dies stellt für den Hilfeempfänger weder eine Härte dar noch führt die Vermögensanrechnung zu einer behinderungsspezifischen Diskriminierung iS der UN-Behindertenrechtskonvention.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe von Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XI) für den Monat Dezember 2011; umstritten ist dabei allein, ob die Beklagte zu Recht Vermögen des Klägers bedarfsdeckend berücksichtigt hat.
Der 1967 geborene Kläger leidet nach einer HWK-5-Kompressionsfraktur an einer kompletten Tetraplegie (Querschnittslähmung). Er ist als schwerst pflegebedürftig in die Pflegestufe III eingestuft und als Härtefall anerkannt. Wegen seiner schweren Behinderung benötigt er Pflege im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung (vgl. Pflegegutachten vom 08.08.2003 und vom 12.08.2011). Von der Beklagen erhält er seit vielen Jahren Hilfe zur Pflege, zunächst nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes, seit Januar 2005 nach denen des SGB XII. Die Hilfeleistung umfasst - zwischen den Beteiligten nicht umstritten - Pflege- und Arbeitsassistenz inklusive Nachtpauschale und Investitionskostenpauschale, eine Monatsfahrkarte für das Pflegepersonal sowie Pflegegeld und Mietkosten für die Wohnung der Assistenzkraft. Eine Anrechnung von Einkommen des Klägers aus seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Informatiker auf die Leistung erfolgt nicht (Bescheid vom 10.06.2010).
Im September 2011 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, er verfüge bei der B-Bank K. über folgende Bankguthaben:
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Konto-Nr. xxx |
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675,27 € |
Konto-Nr. yyy |
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5.403,84 € |
Konto-Nr. zzz |
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19,18 € |
Außerdem verfüge er bei der I.-D. AG, F., über ein weiteres Bankvermögen in Höhe von 15.768,36 € als Rücklage für den Ankauf eines behinderungsbedingten Kfz.
Durch Bescheid vom 14.12.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.12.2011 monatliche Pflegesachleistungen abzgl. der Leistungen der Pflegekasse gem. Pflegestufe III in jeweils bewilligter Höhe. Ein Anspruch auf Hilfegewährung bestehe jedoch nicht, soweit das zu berücksichtigende Spar- und sonstige Vermögen des Klägers die Vermögensfreigrenze von 2.600,00 € übersteige. Das Sparvermögen des Klägers übersteige diesen Freibetrag um insgesamt 3.498,29 €. In dieser Höhe sei ihm ein Vermögenseinsatz zuzumuten. Die Beklagte werde deshalb die Pflegeleistungen nach Erhalt der Abrechnung des Pflegedienstes um diesen Betrag kürzen. Im Wege des Härtefalls habe sie das weitere Vermögen des Klägers zur Anschaffung eines behindertengerechten PKW anrechnungsfrei gelassen. In der Begründung des Bescheides ist weiter ausgeführt, der Kläger sei verpflichtet, im Fall einer erneuten Überschreitung des Vermögensfreibetrags den den Freibetrag übersteigenden Anteil zur Bedarfsdeckung einzusetzen und die Beklagte unverzüglich über Art und Umfang des Vermögens zu unterrichten.
Durch weiteren Bescheid vom 14.12.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger für Dezember 2011 ein um zwei Drittel gekürztes Pflegegeld aus der Pflegestufe III in Höhe von 228,33 € und für den Monat Januar 2012 in Höhe von 233,33 €. Soweit das Vermögen des Klägers den Freibetrag von 2.600,00 € übersteige, habe er dieses zur Deckung der Pflegekosten einzusetzen und die Beklagte über Art und Umfang des Vermögens zu unterrichten. Auch dieser Bescheid enthält den Hinweis zum künftigen Einsatz von Vermögen, das den Freibetrag überschreitet, sowie zur Mitteilungspflicht des Klägers über Art und Umfang des Vermögens.
Zur Begründung seiner dagegen erhobenen Widersprüche trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Anrechnung von Vermögen wie auch die ihm auferlegte Verpflichtung, Auskunft über Art und Umfang seines Vermögens zu erteilen, verstoße gegen die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Denn er habe das gleiche Recht wie ein nicht behinderter Mensch, Vermögen zu besitzen und seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln. Die Beklagte wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheid vom 05.03.2012, dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 08.03.2012 zugestellt).
Deswegen hat der Kläger am 10.04.2012 (Dienstag nach Ostern) Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen. Ergänzend trägt er vor, sein Sparvermögen erreiche nicht einmal den Betrag von 3 Nettolöhnen aus seiner Erwerbstätigkeit zur Überbrückung un- vorhergesehener Ereignisse oder zur Anschaffung...