Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfe zur angemessenen Schulbildung. keine Kostenübernahme für Schulbegleitung durch pädagogische Fachkraft anstelle der bewilligten Schulbegleitung durch qualifizierte Hilfskraft

 

Leitsatz (amtlich)

Schulbegleiter haben keine Aufgaben im Bereich der Pädagogik oder Sonderpädagogik zu erfüllen. Vielmehr haben sie (nur) die Dienstleistungen und Maßnahmen zu erbringen, die im Einzelfall erforderlich sind, damit der behinderte Mensch das pädagogische Angebot seiner Schule überhaupt wahrnehmen kann. Pädagogische Maßnahmen iS des Bildungsauftrags fallen demgegenüber grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Schule.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für eine Schulbegleitung des Klägers durch eine pädagogische Fachkraft anstelle einer qualifizierten Hilfskraft aus Mitteln der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den Bestimmungen des Sechsten Kapitels des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) im Schuljahr 2009/2010.

Der am … 2002 geborene Kläger leidet an einer kryptogenen Epilepsie mit Zustand nach BNS-Anfällen, einer psychomotorischen und sprachlichen Entwicklungsretardierung, einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus und an einer Intelligenzminderung (vgl. Berichte der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Städtischen Klinikums K. vom 11.08.2008 und des Dipl.-Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten S. vom 15.11.2008 und Schreiben der Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. Sch. vom 08.06.2009). Er besuchte von September 2007 bis August 2008 den Integrationskindergarten “...„. Durch Bescheid vom 02.07.2008 stellte das Staatliche Schulamt K. fest, der Kläger gehöre zum Kreis der Schüler, die am besten in einer Sonderschule zu fördern seien. Die geeignete Förderart für den Kläger sei die Schule für Geistigbehinderte. Zuständig für ihn sei die A.-Schule K.. Auf Wunsch der Eltern des Klägers setzte das Schulamt die Beschulung des Klägers in der P.-Schule - Schule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche -, K., zunächst aus. Vom 08.09.2008 bis zum 29.07.2009 besuchte der Kläger den P.-Schulkindergarten, einen Sonderschulkindergarten in freier Trägerschaft, als Integrationskind. Die Beklagte übernahm die hierfür anfallenden Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 25.11.2008).

Seit dem Schuljahr 2009/2010 besucht der Kläger die ebenfalls in freier Trägerschaft geführte P.-Schule - Schule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche -, K..

Am 25.03.2009 beantragte der Kläger über seine Eltern als seinen gesetzlichen Vertretern bei der Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII in Form einer pädagogischen Fachkraft ab September 2009. Nach weiterer Sachaufklärung (u.a. Bericht des Dipl.-Psych. S. vom 15.11.2008, pädagogische Stellungnahme der Ansprechpartnerin Autismus Kr. beim Staatlichen Schulamt K. vom 13.06.2009, Schreiben der Ergotherapeutin W. vom 09.04.2009, Arztbriefe der Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. Sch. vom 05.03. und vom 08.06.2009) und aufgrund des Ergebnisses eines sog. Runden Tisches am 19.05.2009, demzufolge aufgrund der Auswirkungen der Gesundheitsstörungen für den Kläger im ersten Schuljahr eine qualifizierte begleitende Hilfe in möglichst großem Umfang (ca. 30 Stunden) erforderlich sein werde, gab die Beklagte dem Antrag statt und bewilligte dem Kläger für das Schuljahr 2009/2010 als Leistung der Eingliederungshilfe eine Schulbegleitung durch eine Hilfskraft im Umfang von wöchentlich 30 Stunden zu einen Zeitstundensatz von 20,60 € zzgl. der Aufwendungen für die Fahrtkosten der Einsatzkraft für eine 2-Zonen-Straßenbahnmonatskarte des K-Verkehrsverbunds (Bescheid vom 06.08.2009).

Den dagegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger die Gewährung einer Schulbegleitung durch eine pädagogische Fachkraft begehrte, wies die Beklagte zurück: die vom Kläger geforderte “eins zu eins„-Betreuung durch eine solche Fachkraft sei weder angemessen im Sinne des SGB XII noch falle sie unter den Leistungskatalog der Eingliederungshilfe. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrags seien nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, sondern zählten zum Verantwortungsbereich der Schule. Der angemessene Stundensatz für eine “einfache„ Hilfskraft (Zivildienstleistender oder Absolvent eines freiwilligen sozialen Jahres), die im Fall des Kläger aber wegen des häufigen Wechsels der Bezugsperson nicht geeignet sei, betrage 10,60 €. Mit der Zuerkennung eines Stundensatzes in nahezu doppelter Höhe für den Einsatz einer qualifizierten Hilfskraft biete sie eine angemessene Alternative, mit der sich eine geeignete Hilfskraft finden und finanzieren lasse (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2009).

Deswegen hat der Kläger am 03.11.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er die Übernahme der Kosten ...

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