Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Kostenerstattung zwischen Sozialhilfeträgern bei Aufenthalt in einer Einrichtung. Erstattungsanspruch des vorläufig leistenden gegen den zuständigen Sozialhilfeträger. örtliche Zuständigkeit für stationäre Leistungen. Unbeachtlichkeit eines Zwischenaufenthalts im Ausland

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Erstattungspflicht nach § 98 Abs 2 S 1 SGB 12 sind Zwischenaufenthalte im Ausland nicht relevant.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die von ihr für den Zeitraum vom 06.11.2012 bis 31.03.2013 erbrachten Leistungen für Herrn G. in Höhe von 8.926,19 € zu erstatten.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird endgültig auf 8.926,19 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für die sozialhilferechtliche Unterbringung des Herrn G. gemäß den §§ 67 ff. SGB XII im Streit.

Die Beklagte übernahm bezüglich G. mit Vereinbarung vom 13.03.2012 gegenüber dem ... Verein für … e.V. die Kostentragung für betreutes Wohnen für ehemals nicht Sesshafte. Datum der Ersteinweisung war der 24.02.2012. Diese Zusicherung der Kostentragung wurde mit Schreiben vom 07.05.2012 bis zum 03.11.2012 ausgedehnt. Untergebracht war G. in einer Wohnung des … Vereins in der J-Str. 11 in F.

G. teilte seinem Sozialarbeiter Gl. mit, dass er Ende September 2012 bis Anfang Oktober 2012 einen Freund in Holland besuchen wolle. Am 01.11.2012 erhielt Gl. einen Anruf von G., dass er in Holland gewesen und nach Frankreich weitergereist sei. Dort habe er gesundheitliche Probleme mit seinen Beinen bekommen und sei deshalb noch nicht zurückgekehrt. Er wolle aber in den nächsten Tagen zurück nach F. kommen.

G. meldete sich dann jedoch entgegen seiner Ankündigung nicht bei Gl.; dieser teilte der Beklagten mit, dass G. seine Wohnung komplett eingerichtet und in ordentlichem und sauberem Zustand hinterlassen habe, so dass die Wohnung sofort weiter vermietet werden könne. Es sei unbekannt, ob G. seine persönlichen Sachen aus der Wohnung geholt habe.

G. sprach stattdessen am 06.11.2012 bei der Klägerin vor und beantragte die Gewährung von Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII im stationären Bereich des … Wohnheims in B. In seinem Antrag gab er an, in Frankreich in einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe gewohnt zu haben. Die Klägerin gewährte G. die begehrten Leistungen, welche sich für den Zeitraum vom 06.11.2012 bis 31.03.2013 auf Kosten in Höhe von 8.926,19 € summierten.

G. wurde von einer Mitarbeiterin des Wohnheims in B. nach den Gründen für seinen Ortswechsel befragt. Gemäß Aktennotiz der Mitarbeiterin C. habe er angegeben, es in der Wohnung in der J-Str. in F. nicht mehr ausgehalten zu haben. Es handele sich hier um ein achtstöckiges Hochhaus, in welchem zwischen 70 und 100 Menschen lebten, welche überwiegend krank seien. Mehrmals in der Woche fahre der Krankenwagen vor, es würden Dinge aus dem Fenster geworfen und dergleichen. Außerdem habe er sich einsam gefühlt. Sein Ziel sei Frankreich gewesen, von dort sei er jedoch wieder weggezogen, da er sich benachteiligt gefühlt habe. In Frankreich sei er vom 01.10.2012 bis zum 05.11.2012 gewesen. In B. sei er deshalb, da er hier in der Nähe seines Sohnes (17 Jahre) sein wolle, welcher sich in O. in einer Pflegefamilie befinde. Er habe allerdings keine genaue Adresse, und der letzte Kontakt sei vor 16 Jahren gewesen.

Mit Schreiben vom 13.12.2012 versandte die Klägerin die Antragsunterlagen betreffend die Leistungen an G. an die Beklagte gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII zur weiteren Bearbeitung, da G. vor seiner Aufnahme im Wohnheim in B. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in F. gehabt habe. Die Beklagte holte durch ihren Mitarbeiter K. weitere Erkundigungen durch ein Telefonat mit G. am 20.12.2012 ein. Gemäß einer E-Mail des Mitarbeiters K. habe G. die Auskunft gegeben, dass er sich Ende September nach Frankreich begeben und dies als Umzug gegenüber seinem Rentenversicherungsträger angezeigt habe. Die Rente sei dann auch nach Frankreich überwiesen worden. Er habe über einen befreundeten Sozialarbeiter auf einem Hof in der Nähe von Marseilles eine Arbeit als Erntehelfer bei der Lavendelernte erhalten, wo ihm auch eine Wohnung gestellt worden sei. Bei seiner Rückkehr aus Frankreich habe er sich dann in B. gemeldet, damit er wieder unter Leute komme. Er habe festgestellt, dass das Alleinewohnen nichts für ihn sei. Die Wohnung in F. habe er zum 01.10.2012 schriftlich gekündigt und über einen Freund die Schlüssel an den Vermieter, die Wohnheim GmbH, abgegeben. Nach F. habe er nicht zurückkehren wollen.

Im Hinblick auf dieses Telefonat antwortete die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 07.01.2013, dass wegen der fehlenden Rückkehrabsicht des G. bei seinem Wegzug der gewöhnliche Aufenthalt in F. aufgegeben worden sei und ein gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland begonnen habe. G. habe sich aufgrund europäischer Freizügigkeitsregelungen legal ohne Aufenthaltsbefristung in Frankreich aufgehalten, wes...

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