Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren bei Verbandsvertretung. Anforderungen an die satzungsrechtliche Grundlage der Kostenforderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergibt sich die Grundlage einer Kostenforderung für eine Vertretung durch einen Verband im Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren aus dessen Satzung, muss aus dieser für Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Verbandsmitglied die Forderung in dieser Höhe auch endgültig trägt.

2. Ein Verstoß gegen Art 3 GG liegt dann vor, wenn die satzungsrechtliche Regelung das Verbandsmitglied gegenüber der Vertretung durch einen Rechtsanwalt insofern besser stellt, als sie das Verbandsmitglied von wesentlichen Teilen der Kostenforderung freistellt, wenn es in der Hauptsache unterliegt und deshalb keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen einen Verfahrensgegner erwirbt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.03.2015; Aktenzeichen B 11 AL 8/14 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der zu erstattenden Aufwendungen für eine Vertretung durch die … im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens im Streit.

Die Beklagte (Bekl.) hob durch Bescheid vom 02.02.2011 die Bewilligung von Arbeitslosengeld I gegenüber dem Kläger (Kl.) auf. Auf den von der … als Bevollmächtigte des Kl. erhobenen Widerspruch vom 07.02.2011 half die Bekl. dem Widerspruch in vollem Umfang durch Abhilfebescheid vom 11.04.2011 (W 303/11) ab und erklärte sich zur Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Kl. dem Grunde nach bereit.

Am 13.04.2011 beantragte der Kl. die Erstattung der ihm infolge der Vertretung durch die … entstandenen Kosten i. H. v. 230,00 €. Durch Bescheid vom 27.05.2011 erklärte sich die Bekl. zur Kostenerstattung i. H. der durch das Sozialministerium Baden-Württemberg festgelegten Kostenpauschale von 18,00 € bereit. Weitere Kosten seien nicht zu erstatten, da die satzungsrechtliche Grundlage für die Kostenforderung der … gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoße. Diese stelle die Mitglieder des … Landesverbands im Vergleich zur Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand besser. Die Mitglieder des … Landesverbands würden bei einem Unterliegen in der Hauptsache und damit dem Nichtwerb eines Kostenerstattungsanspruchs gegen den Verfahrensgegner von wesentlichen Teilen der Kostenforderung freigestellt.

Den hiergegen vom Kl. am 22.06.2011 erhobenen und nicht weiter begründeten Widerspruch wies die Bekl. durch Widerspruchsbescheid vom 28.09.2011 unter Bekräftigung ihrer Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid als unbegründet zurück.

Mit der am 03.11.2011 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Aus der Satzung des … Landesverbands ergebe sich deutlich, in welcher Höhe bei einer Vertretung durch die … Aufwendungen zu erstatten seien. Die in der Vergangenheit gegenüber der Wirksamkeit der Satzung vorgebrachten Einwände seien durch die seit dem 29.04.2009 geltende Neufassung der Satzung beseitigt worden. Die Satzung verstoße insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz indem sie ein bedürftiges Verbandsmitglied von Teilen der Kostenforderung freistelle, wenn es in der Hauptsache unterliege und keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verfahrensgegner erlange. Die Bedürftigkeit sei ein sachlicher Grund zur Differenzierung zwischen den Verbandsmitgliedern. Diese Vorgehensweise sei nicht anders zu beurteilen, als wenn bei einem anwaltlich vertretenen Kläger im Falle des Unterliegens dessen Rechtsschutzversicherung die Aufwendungen trage.

Der Kl. beantragt,

die Bekl. unter Abänderung des Bescheids vom 27.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2011 zu verurteilen, ihm für das Widerspruchsverfahren W 303/11 weitere Aufwendungen i. H. v. 212,00 € zu erstatten.

Die Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte der Bekl. sowie den der Gerichtsakte (S 11 AL 4546/11) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unbegründet. Der Bescheid der Bekl. vom 27.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kl. nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kl. hat gegenüber der Bekl. keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen i. H. v. 212,00 €.

1. Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ ...

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