Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarztrecht. Konkurrentenklage. Anfechtungsbefugnis gegenüber Ermächtigung eines Krankenhausarztes. reale Konkurrenzsituation von wesentlichem Umfang. räumliche Begrenzung einer Ermächtigung. Planungsbereich. räumlicher Einzugsbereich einer Vertragsarztpraxis
Leitsatz (amtlich)
1. Der in § 116 S 2 SGB 5 iVm § 31a Abs 1 S 2 Ärzte-ZV angeordnete Vorrang niedergelassener Vertragsärzte vor ermächtigten Krankenhausärzten entfaltet drittschützende Wirkung. Diese erstreckt sich über die maßgebenden Planungsbereiche hinaus, soweit in einem real existierenden Teilmarkt Anbieter gleichartiger Leistungen im wesentlichen Umfang um die Versorgung derselben Patienten konkurrieren und deshalb für den niedergelassenen Vertragsarzt infolge einer zusätzlich erteilten Ermächtigung im Wettbewerb bedeutsame Einkommenseinbußen zu besorgen sind.
2. Eine solche reale Konkurrenzsituation in einem für den Wettbewerb wesentlichen Umfang liegt vor, wenn die durchschnittliche Zahl der von dem ermächtigten Krankenhausarzt mit den gleichen Leistungen behandelten Patienten aus dem Einzugsbereich des niedergelassenen Vertragsarztes 5 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl des niedergelassenen Vertragsarztes überschreitet (Vergleiche BSG vom 17.10.2007 - B 6 KA 42/06 R = SozR 4-2500 § 116 Nr 4 ).
3. Eine solche Einkommenseinbuße hat der niedergelassene Vertragsarzt dennoch im Einzelfall im Interesse einer angemessenen, wohnortnahen Versorgung der Versicherten mit bestimmten vertragsärztlichen Leistungen (teilweise) hinzunehmen.
4. Die Zulassungsgremien sind verpflichtet, die Ermächtigung eines Krankenhausarztes aufgrund der zwischen diesem und einem niedergelassenen Vertragsarzt bestehenden realen Konkurrenzsituation nach Maßgabe der örtlichen Herkunft der Patienten räumlich zu begrenzen. Eine solche Begrenzung kann positiv ua auf Versicherte mit Wohnort in einem näher bezeichneten Stadt- und/oder Landkreis erfolgen oder negativ dahingehend, dass von der Ermächtigung des Krankenhausarztes Patienten mit Wohnorten aus einer bestimmten Stadt und/oder einem bestimmten Landkreis ausgeschlossen sind.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 21. Juli 2005 insoweit rechtswidrig war, als der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28. Februar 2005 als unzulässig zurückgewiesen und die der Beigeladenen zu 8 erteilte Ermächtigung räumlich nicht beschränkt hatte.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens 1. Instanz tragen die Klägerin ein Drittel und der Beklagte sowie die Beigeladene zu 8 zwei Drittel mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 7, die diese selbst tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens B 6 KA 42/06 R tragen die Klägerin zu ein Viertel und der Beklagte zu drei Viertel; hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 8, die diese selbst tragen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 8 erteilte Verlängerung einer Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten.
Die Klägerin ist eine seit April 2003 bestehende Gemeinschaftspraxis zweier zugelassener Vertragsärzte für Strahlentherapie mit Sitz in ..., Planungsbereich Enzkreis. Die Gemeinde ... liegt etwa 7 km östlich von Pforzheim und rund 35 km östlich von ... entfernt im Landkreis Enzkreis; dieser grenzt östlich an den Landkreis ... an und umschließt die kreisfreie Stadt Pforzheim.
Die Beigeladene zu 8, ... Klinik für Strahlentherapie des Städtischen Klinikums ..., ist seit 1994 jeweils für die Dauer von zwei Jahren zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt, für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2004 auf Grund des Beschlusses des Zulassungsausschusses für Ärzte im Zulassungsbezirk Nordbaden (ZA) vom 11.12.2002 (Bescheid vom 19.02.2003). Der Ermächtigungsumfang lautete:
auf Überweisung durch Vertragsärzte:
zur Durchführung der Strahlentherapie einschließlich derjenigen im Umgang mit umschlossenen radioaktiven Substanzen,
zur Nachbehandlung von bestrahlten Tumorpatienten sowie zur strahlentherapeutischen Nachsorge unter Beschränkung auf Untersuchung und Beratung (bildgebende Verfahren sind nur als nicht aufschiebbare und nicht vorausplanbare Leistungen zulässig).
Am 23.04.2004 stellte die Beigeladene zu 8 beim ZA den Antrag, ihre Ermächtigung im bisherigen Umfang über den 31.12.2004 hinaus zu verlängern. In ihrer Stellungnahme vom 12.11.2004 wies die Beigeladene zu 1 auf einen Versorgungsgrad von 126,8 % hin. Unter Beifügung von Anzahlstatistiken führte sie weiter aus, sie sehe im Rahmen der Bedarfsprüfung weiterhin die Notwendigkeit für eine unveränderte Fortführung der Ermächtigung. Allerdings solle, um den Überweiserkreis eindeutig zu definieren, der ZA in die Zugangsberechtigung das Wort “niedergelassene„ einfügen. Durch Beschluss vom 10.12.2004/Bescheid vom 28.02.2005 gab der ZA dem Ver...