Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung. fehlende Erforderlichkeit. Besuch einer Privatschule trotz Zuweisung an eine öffentliche Schule. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Will der behinderte Mensch nicht das Bildungsangebot der ihm vom staatlichen Schulamt zugewiesenen öffentlichen Schule, sondern das Bildungsangebot einer anderen, privaten Schule in Anspruch nehmen, ist es ihm bzw seinen Eltern zuzumuten, die finanziellen Folgen dieser Entscheidung selbst zu tragen (Anschluss an OVG Bautzen vom 10.9.2010 - 2 B 238/10). Insbesondere besteht in diesem Fall kein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem SGB 12.
2. Das grundrechtlich geschützte Elternrecht wie auch das Recht zur Errichtung privater Schulen begründen keinen - unmittelbaren oder mittelbaren - Anspruch auf Übernahme der mit dem Besuch einer privaten Ersatzschule verbundenen Aufwendungen - hier: der Kosten der Schülerbeförderung - gegen den Sozialhilfeträger.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme ungedeckter Fahrtkosten für den Schulbesuch des Klägers in einer in freier Trägerschaft geführten Inklusionsschule aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) umstritten.
Der am xx.xx.2004 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einem Down-Syndrom, einem Herzfehler und einer pulmonalen Hypertension und dadurch bedingten Fähigkeitsstörungen im körperlichen und geistigen Bereich. Er erhielt von dem Beklagten in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den Besuch des Kindergartens “K„, U..
Durch Bescheid vom 01.09.2011 stellte das Staatliche Schulamt Karlsruhe (Schulamt) fest, der Kläger habe Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Für ihn stehe an der K-Schule, Schule für Geistigbehinderte, B., ein Schulplatz zur Verfügung. Die Mutter wünsche jedoch eine Beschulung an der S-Schule, K., einer Freien Schule auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steinerts (Waldorf-Pädagogik).
Seit dem Schuljahr 2011/2012 besucht der Kläger diese Schule als Inklusionskind. Der Beklagte übernahm u.a. nach Einholung eines Berichts seiner sonderpädagogischen Förderstelle ab dem 01.10.2013 zunächst bis Ende des Schuljahres 2013/2014 die Kosten für einen Schulbegleiter aus Mitteln der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 02.10.2013).
Zu den für die Beförderung des Klägers von seinem Wohnort in Kr.-U. zur Schule in K. und zurück anfallenden Fahrtkosten gewährt die Stadt Karlsruhe - Schul- und Sportamt - nach satzungsrechtlichen Bestimmungen einen Zuschuss in Höhe von jährlich 770,00 € (vgl. Schreiben vom 01.10.2012).
Am 12.03.2013 stellten die Eltern des Klägers bei dem Beklagten den Antrag, die darüber hinausgehenden ungedeckten Kosten der Schülerbeförderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab: Zwar gehöre der Kläger zu dem Personenkreis, der dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe habe. Er besuche eine Privatschule, obwohl eine Beschulung auch an einer öffentlichen Schule möglich sei. Der Besuch der Privatschule sei eingliederungshilferechtlich deshalb nicht erforderlich, um ihm eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. Die Übernahme von Fahrtkosten aus Mitteln der Eingliederungshilfe sei daher nicht möglich. Allein aus der schulrechtlichen Gestattung des Schulbesuchs an einer Privatschule zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht ergebe sich keine abweichende Entscheidung. Beim Besuch einer öffentlichen Grundschule im Landkreis hätte er - der Beklagte - die Schülerbeförderung über seine Satzung organisiert und finanziert; Leistungen der Eingliederungshilfe wären hierfür nicht entstanden (Bescheid vom 29.11.2013, Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Postzustellungsurkunde am 16.01.2014 zugestellt).
Deswegen hat der Kläger am 14.02.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen: Der Beklagte könne ihm den gewählten Schulbesuch an einer in freier Trägerschaft geführten Schule nicht verweigern, nachdem heute die integrative Unterrichtung von Kindern das Ziel einer gemeinschaftlichen Förderung sei. Die Schule für Geistigbehinderte in B. sei keine integrative Schule. Dem Wunsch seiner Eltern nach einer Außenklassenbeschulung an einer öffentlichen Schule im Zuständigkeitsbereich des Beklagten habe das Schulamt mangels genügender Schülerzahlen nicht entsprechen können. Eine Einzelintegration in eine Regelschule umfasse lediglich sechs sonderpädagogische Wochenstunden und sei für seine Schulentwicklung nicht ausreichend. Zwar könne er die von ihm bes...