Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf wegen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs. Kosten für die Anschaffung eines PC für ein Schulkind. keine analoge Anwendung bei einmaligem Bedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kosten für die Anschaffung eines PC für ein Schulkind sind kein unabweisbarer laufender Bedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB II.

 

Orientierungssatz

Aktenzeichen beim LSG Stuttgart L 12 AS 627/19.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines internetfähigen Personalcomputers (PC).

Die 2004 geborene Klägerin besucht derzeit die 8. Klasse des Gymnasiums K. (staatlich anerkannte katholische Schule in freier Trägerschaft) in B. Sie bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter und fünf jüngeren Geschwistern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Ihr Vater lebt unter der Woche in H. und bezieht Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Mit Schreiben vom 05.12.2017 beantragte die Mutter der Klägerin die Übernahme der Kosten für einen PC für die Klägerin. Diese brauche einen internetfähigen Computer für die Erstellung von Hausaufgaben, Referaten und Präsentationen.

Mit Bescheid vom 11.12.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Anschaffung eines Computers sei durch den Regelbedarf abgedeckt. Die Gewährung eines Darlehens gemäß § 24 Abs. 1 SGB II komme nicht in Betracht, da es sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf handele.

Hiergegen erhob die Mutter der Klägerin für ihre Tochter am 09.01.2018 Widerspruch. Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Cottbus (Urteil vom 13.10.2016, S 42 AS 1914/13) sei der Grundsicherungsträger zur Gewährung von Leistungen in Höhe von 350,- € für einen Computer verurteilt worden. Das Sozialgericht Cottbus habe die Auffassung vertreten, der Computer werde für die ganze Schulzeit benötigt. Das Jobcenter müsse für einen unabweisbaren laufenden nicht nur einmaligen besonderen Bedarf aufkommen, was bei einem PC der Fall sei. Der Bedarf hierfür könne nicht aus dem Regelbedarf gedeckt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Bei den Anschaffungskosten für einen Computer handele es sich zweifelsfrei um einen Bedarf, der von der Regelleistung umfasst sei. Der Bedarf sei allerdings nicht unabweisbar, da nach dem Ergebnis einer Nachfrage bei der Schule die Klägerin Schulcomputer nutzen könne. Auch ein Darlehen gemäß § 24 Abs. 1 oder Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II kämen nicht in Betracht.

Am 21.02.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung der Klage verweist sie darauf, dass es zu wenig Schulcomputer gebe. Darüber hinaus sei sie an die dortigen Nutzungszeiten gebunden und könne am Computer zu erledigende Aufgaben nicht am Abend oder am Wochenende erledigen. Auch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten keinen Computer. Es sei heutzutage so, dass interne Vorgänge den Schülern per Email zugestellt würden. Hausaufgaben seien häufig mit Hilfe eines Computers zu verrichten. Der Beklagte könne die Klägerin auch nicht auf die Nutzung von Computern in der Stadtbibliothek verweisen, da hier die Wartezeiten zu lang seien.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2018 aufzuheben und ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 400,00 € zur Anschaffung eines PC zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er zunächst auf die Lernmittelfreiheit in Baden-Württemberg. Wenn es denn tatsächlich so sei, dass ein Computer notwendig sei, um die gestellten Hausaufgaben in der geforderten Form zu erledigen, müsse die Schule dies sicherstellen. Dass die Klägerin eine nichtstaatliche Schule besuche, erfolge auf deren eigenen Wunsch. Der Bedarf an Schulbildung hätte auch durch eine öffentliche Schule und durch die Lernmittelfreiheit ausreichend gedeckt werden können. Darüber hinaus werde erneut darauf hingewiesen, dass die Schule in der Schulbibliothek über internetfähige Computer verfüge, welche den Schülern zur Nutzung zur Verfügung stünden. Darüber hinaus könne die Klägerin auch die internetfähigen Computer der Stadtbibliothek in B. nutzen.

Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen und eine Auskunft bei der Schulleiterin der K.-Schule eingeholt. Danach (vgl. Schreiben vom 15.11.2018) müssen in der 8. Klasse Referate und Präsentationen erstellt werden, die gründlich recherchiert und gut dargestellt sein sollen – auch mit Medienunterstützung. Auch Rechercheaufgaben als Teil der Hausaufgaben seien inzwischen die Regel. Die Schule verfüge über acht internetfähige Computer, die in der Schülerbibliothek den Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse zum selbständigen Arbeiten zwischen 7.30 Uhr und 16.30 Uhr während der Schulzeit zur Verfügung stünden. Eine Ausnahmegenehmigung für ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?