Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Vermögenseinsatz. Verwertbarkeit einer Kapital-lebensversicherung mit Teilauszahlung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Lebensversicherung. keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. Ermittlung des Substanzwertes
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Lebensversicherung ist bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Vermögen des Hilfebedürftigen nach § 12 Abs. 3 Satz. 1 Nr. 6 SGB 2 dann nicht zu berücksichtigen, wenn deren Verwertung für den Betroffenen offensichtlich unwirtschaftlich wäre. Das ist dann der Fall, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert steht. Der gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen.
2. Bei der Ermittlung des Substanzwertes sind bereits geleistete Teilauszahlungen wertmindernd zu berücksichtigen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über den 01.12.2009 hinaus.
Der am ... geborene Kläger stand seit dem 03.08.2007 im laufenden Leistungsbezug (Arbeitslosengeld II) der Beklagten. Am 20.11.2010 stellte er einen Antrag zur Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (ohne die Kosten der Unterkunft) nach dem SGB II ab dem 01.12.2009, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 01.12.2009 unter Berufung auf zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 18.499,65 € abwies.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.12.2009 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, dass das von der Beklagten angegebene Vermögen einerseits aus Kapitalvermögen in Höhe von 2860,89 €, andererseits aus drei Lebensversicherungen bestehe. Die Lebensversicherungen unterlägen - entgegen der Auffassung der Beklagten - nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II nicht der Verwertung. Zwar überstiegen die drei Lebensversicherungen zusammengenommen hinsichtlich der Rückkaufswerte den sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ergebenden Grundfreibetrag einschließlich des Freibetrages nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von insgesamt 9000 €, den Rückkaufswerten stünden jedoch die eingezahlten Beiträge gegenüber, die zur Unwirtschaftlichkeit der Verwertung führten. Der Vergleich zwischen den tatsächlichen Rückkaufswerten und den eingezahlten Beiträgen mache deutlich, dass bei einer Verwertung der Lebensversicherungen mehr als 10 % Verlust erwirtschaftet werde, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Verwertbarkeit entgegenstehe. Im Einzelnen ergäben sich folgende Konstellationen:
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Versicherungsnummer |
Eingezahlte Beiträge |
Rückkaufswerte zum 01.12.2009 |
Bereits erhaltene Teilauszahlungen |
2.6 964 ... |
EUR 22.278,75 |
EUR 12.051,38 |
EUR 9.205,20 |
2.6 520 ... |
EUR 7.126,12 |
EUR 2.400,00 |
EUR 5.607,40 |
2.6 499 ... |
EUR 3.561,72 |
EUR 1.187,38 |
EUR 2.776,50 |
Die Beklagte habe bei ihrer Bewertung der Verwertbarkeit der Lebensversicherungen auch die bereits erfolgten Teilauszahlungen berücksichtigt, ausschlaggebend sei jedoch allein die Bedarfslage im Zeitpunkt der Leistungsgewährung. Die bereits vor Leistungsbezug erfolgten Teilauszahlungen könnten nicht als "fiktives Vermögen" bewertet werden, die Lebensversicherungen unterlägen daher keiner Verwertung.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2010 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab dem 01.12.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, dass die Auffassung des Klägers, bei der Beurteilung der Verwertbarkeit der fraglichen drei Lebensversicherungen im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sei nur auf deren aktuellen - verbleibenden - Rückkaufswert abzustellen, fehl gehe. Der aktuelle Rückkaufswert sei vielmehr um die bereits geleisteten Teilauszahlungen zu erhöhen. Der sich daraus errechnete Gesamtbetrag sei sodann bei der Prüfung der Unwirtschaftlichkeit der Verwertung den eingezahlten Beträgen gegenüberzustellen. Soweit der Kläger seine Lebensversicherungen bereits teilweise verwertet habe, stünde dies einer Verwertung im Übrigen nicht entgegen. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Auszahlungen sei eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht gegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass verwertbares Vermögen vorliegt, welches der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II entgegen steht.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
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1. das 15. Lebensjahr vollendet und di... |