Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitsschaden im Vollbeweis. Verletzung der Supraspinatussehne und/oder Infraspinatussehne. Nachweis. Knochenverletzung. gelenkgerechte Stellung. Schultersonographie. Ausrutschunfall
Orientierungssatz
Eine Verletzung der Supraspinatussehne und/oder Infraspinatussehne liegt dann nicht im Vollbeweis vor, wenn im Röntgen auf zwei Ebenen keine Knochenverletzung, vielmehr eine gelenkgerechte Stellung erkennbar ist, und wenn die Schultersonographie keinen Hinweis auf eine Rotatorenmanschetteruptur ergeben hat.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt aufgrund von Schulterbeschwerden Leistungen nach dem SGB VII von der Beklagten - im vorliegenden Verfahren S 9 U 74/11 auf Basis eines Unfalles am 9.6.1995.
Der 1964 geborene Kläger ist selbständiger Zimmermann.
Am 31.1.2010 stellte sich der Kläger beim Durchgangsarzt C. vor. Diesem gegenüber gab er an, nach Verlassen der Betriebshalle auf schneeglattem Untergrund ausgerutscht zu sein (der Unfall vom 31.1.2010 ist Gegenstand des Verfahrens S 9 U 75/11). Der Durchgangsarzt notierte, im Röntgen keine Fraktur, aber arthrotische Veränderungen festzustellen, und diagnostizierte eine ausgeprägte Distorsion des rechten Oberarmes / Schultergelenkes, Verdacht auf Rotatorenmanschettenverletzung rechts. Im MRT ergab sich dann eine Ruptur der Supraspinatussehne und eine Teilruptur der Infraspinatussehne, wobei die Verletzungen als frisch eingestuft wurden. Eine radiologische Untersuchung am 4.2.2010 ergab Humeruskopfhochstand, AC-Gelenkarthrose mit Gelenkhyperthrophie und Verschmälerung des Subacromialraumes, komplette Ruptur Supraspinatussehne und Teilruptur der Infraspinatussehne sowie des Musculus subscapularis, Gelenkerguss und Bursitis in der Bursa subdeltoidea subacromialis. Der Kläger stellte sich in der BG-Klinik Frankfurt vor und berichtete dort, dass er bereits am 9.6.1995 einen Arbeitsunfall unter Beteiligung der rechten Schulter gehabt zu haben (der Unfall vom 9.6.1995 ist Gegenstand des Verfahrens S 9 U 74/11). Die Beklagte zog daraufhin die digitalisierten Unterlagen aus dem Archiv heran. Nach dem damaligen Durchgangsarztbericht war der Kläger beim Ausheben eines Grabens ausgerutscht, wodurch sein rechter Arm hochgerissen wurde. Im Röntgen wurde festgestellt, dass keine Knochenverletzung vorlag, gelenkgerechte Stellung. In der Sonographie wurde festgestellt, dass kein Hinweis für eine Rotatorenmanschettenruptur bestand. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine starke Schulterzerrung rechts. Arbeitsunfähigkeit attestierte er zunächst bis 20.6.1995. Zur Behandlung erschien der Kläger zuletzt am 16.6.1995. Den Folgetermin am 21.6.1995 nahm der Kläger nicht mehr wahr. Die BG-Klinik Frankfurt notierte am 12.2.2010, keine äußeren Prellmarken oder Hämatome zu sehen und bewertete die Ruptur der Supraspinatussehne als alt, da sich bereits eine fettige Degeneration und eine Retraktion der Sehne zeige; außerdem sei der Sturz 2010 als alleinige Ursache für die Supraspinatussehnenruptur unwahrscheinlich. Die Beklagte legte den Vorgang ihrem beratenden Arzt Dr. D. vor, der ergänzte, dass im MRT kein Hinweis auf ein Knochenmarködem (Bone Bruise) beschrieben werde. Eine in der BG-Klinik am 22.3.2010 durchgeführte Sonographie ergab nach dortiger Einschätzung weitgehend degenerative Veränderungen sowie deutliche Retraktion des Musculus supraspinatus. Die am selben Tag gefertigten Röntgenbilder zeigten nach dortiger Einschätzung ausgeprägte degenerative Veränderungen in Form einer tropfenförmigen Ausziehung im unteren Anteil der Oberarmkalotte sowie eine leichte spitzzipflige Veränderung des Tuberculum majus, einer deutlichen Einengung des subakromialen Raumes und eines ausgeprägten Oberarmkopfhochstandes. Am 15.4.2010 unterzog sich der Kläger dann in der BG-Klinik einem operativen Eingriff, bei dem auch Sehnengewebe zur histologischen Untersuchung entnommen wurde. Die histologische Untersuchung ergab flammenzüngige Einrisse bei überwiegend jedoch glatten Risskanten, insgesamt mehrzeitige Sehnen bei mucoider Degeneration des benachbarten Sehnengewebes. Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. D. ein, der am 30.6.2010 empfahl, die Einblutung in die Muskulatur als unfallbedingt verursacht zu akzeptieren. Nicht wahrscheinlich sei seines Erachtens hingegen, dass der Unfall 2010 zur Ruptur der Supraspinatussehne und zur Teilruptur der Infraspinatussehne geführt habe. Gegen einen Zusammenhang spreche, dass der zu unterstellende Anprall kein geeigneter Unfallhergang sei, die deutliche Retraktion der Sehnenstrukturen mit fettiger Degeneration im Einklang mit chronisch-entzündlichem Reizzustand benachbarter Schleimbeutel, die arthrotischen Veränderungen im Schultereckgelenk und die viertgradige Arthrose des Gelenkes. Am 2.7.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie mit sofortiger Wirkung das Heilverfahren z...