Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Anästhesist. Honorarvertrag. Dienstvertrag. befristete Tätigkeit im Krankenhaus wegen personeller Engpässe oder zur Urlaubs-/Krankheitsvertretung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. KHEntgG regelt nur Vergütungsansprüche von Krankenhäusern und enthält darüber hinausgehend keine Aussage zum sozialversicherungsrechtlichen Status von im Krankenhaus tätigen Personen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein wegen personeller Engpässe oder zur Urlaubs-/Krankheitsvertretung im normalen Tagesgeschäft eines Narkosearztes bei vorausgeplanten Operationen im regelhaften stationären Krankenhausbetrieb weit überwiegend im Operationssaal als verantwortlicher Anästhesist nach den von ihm tatsächlich geleisteten Stunden im Stundenlohn bezahlter, auf der Grundlage eines Dienstvertrages befristet tätiger Arzt, ist ohne erkennbares wirtschaftliches Unternehmerrisiko in den alltäglichen, fremdbestimmten Klinikalltag, dessen Organisation und Betriebsabläufe sowie insgesamt die hierarchische Struktur des Klinikbetriebs, in dem er als Anästhesist krankenhaustypisch eingesetzt wird, eingebunden und nicht als Honorararzt selbstständig, sondern wie ein im Übrigen fest angestellter Krankenhausarzt abhängig beschäftigt. Dass dabei die zusätzliche Übernahme von Bereitschaftsdiensten oder Überstunden vereinbarungsgemäß einer weiteren ausdrücklichen vertraglichen Regelung vorbehalten bleibt, lässt seine Arbeitnehmerschaft unberührt.
2. Selbst wenn § 2 Abs 1 und Abs 3 KHEntgG im stationären Leistungserbringungsrecht eine Abrechnung von Leistungen auch nicht fest angestellter Vertragsärzte nicht mehr ausschließen, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass diese nicht fest angestellten Ärzte dann zwingend als Honorarärzte selbstständig tätig seien, da das KHEntgG allein die Vergütungsansprüche von Krankenhäusern regelt und darüber hinausgehend keine Aussage zum sozialversicherungsrechtlichen Status von den im Krankenhaus tätigen Personen enthält, so dass wie auch hier immer eine konkrete Prüfung der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Krankenhaus zu erfolgen hat.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat einschließlich der Kosten der Beklagten insgesamt die Kosten des Rechtsstreites zu tragen. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) streitig, ob es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen als Anästhesist im Zeitraum vom 26. Januar bis 12. April 2015 in dem von Klägerin als Krankenhausträgerin betriebenen Krankenhaus, einer auf die Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates spezialisierten orthopädischen Fachklinik, mit der Beklagten um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Beitragspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Arbeitslosenversicherung gehandelt hat, oder, wovon die Klägerin und der Beigeladene ausgehen, um eine selbstständige Tätigkeit als Honorararzt in freier Mitarbeit.
Der Antrag auf eine entsprechende Statusfeststellung durch die Beklagte war dabei mit Eingang bei der Beklagten am 13. Februar 2015 ursprünglich von der Klägerin gestellt worden, deren fachlicher Fokus ausweislich ihrer aktuellen Homepage auf den Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere in den Spezialgebieten Allgemeine Orthopädie, Unfallchirurgie, Endoprothetik, Wirbelsäulenchirurgie sowie in der umfassenden Versorgung von Patienten im Zentrum für Tetra- und Paraplegie liegt. Im Mittelpunkt der Endoprothetik stehen dabei ausweislich der aktuellen Homepage der Klinik Hüft- und Kniegelenksoperationen, wobei der Wechsel von Endoprothesen bei älteren Patienten ein Schwerpunkt ist und die Nachbehandlung im angeschlossenen Rehabilitationszentrum für Muskelaufbau und Gangtraining sorgen soll. In der Abteilung OP/Zentralsterilisation biete das Krankenhaus ausweislich seiner aktuellen Homepage das komplette Spektrum an Operationen für orthopädische, traumatologische und wirbelsäulenorthopädische Eingriffe an. Die Operationsabteilung gliedert sich in: AO-OP = Allgemein Orthopädischer OP und WSO = Wirbelsäulen Orthopädischer OP. Die Ausstattung sei auf dem neuesten Stand der Medizin. 5 OP-Säle auf 2 Etagen (3 AO Säle, 1 WSO-Saal und 1 Ambulanter OP-Saal) stünden zur Verfügung. Zum Funktionsbereich OP sollen aktuell 12 Pflegerinnen und Pfleger in Voll- und Teilzeit, sowie 5 Mitarbeiterinnen in der Hauswirtschaft OP in Teilzeit gehören. Die Abteilung Anästhesie/Intensiv soll die perioperative anästhesiologische Versorgung der Patienten der Klinik gewährleisten. Ferner würden durch diese die Bereiche Rettungsmedizin und Transfusionswesen abgedeckt. Hierfür stehe ein Team speziell ausgebildeter Pflegekräfte und erfahrener Fachärzte rund um die Uhr zur Verfügung, wobei im Einzelnen an Funktionsbereichen besetzt seien die Anästhesie in der allg...