Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung in Polen zurückgelegter Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG
Orientierungssatz
1. Fremdrentenzeiten müssen nach § 22 FRG i. V. m. Anlage 13 zum SGB 6 unter die konkreten Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen, welche dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen sind und die in dieser Form in den verschiedenen FRG-Herkunftsgebieten nicht anzutreffen sind, subsumiert werden.
2. Hat ein Versicherter den förmlichen Abschluss eines Techniker-Elektrikers erworben, so hat er grundsätzlich das Qualifikationsmerkmal der Qualifikationsstufe 2 erlangt. Hat er aber nie eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt, sondern war er als Monteur-Elektriker beschäftigt, so ist er in die Qualifikationsstufe 4 nach der Anlage 13 zum FRG einzustufen.
3. Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, sind die nach § 22 Abs. 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte nach Abs. 3 um 1/6 zu kürzen.
4. Ein Arbeitsbuch erlangt Nachweisqualität erst mit seinem Ausstellungsdatum. Hinsichtlich der für die Vergangenheit vor seinem Ausstellungsdatum liegenden Zeiten genügt es als Mittel der Glaubhaftmachung, mit der Folge der Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 nach § 22 Abs. 3 FRG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewertung der vom Kläger in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten.
Der 1960 in C-Stadt (Polen) geborene Kläger besuchte bis 24.6.1978 die (Grund)Berufsschule, die er laut Zeugnis vom 24.6.1973 als Elektromechaniker beendete. Im Anschluss besuchte er bis 1981 das Technikum. Vom 1.7.1981 bis 2.12.1981 war er bei der Firma D. beschäftigt. Es folgte Wehrdienst. Ab 5.3.1982 bis 16.1.1989 war er dann wieder bei D. beschäftigt. Sodann zog er am 17.1.1989 in die Bundesrepublik Deutschland zu, wo er als Vertriebener anerkannt wurde.
Am 11.6.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten Kontenklärung unter Vorlage verschiedener Unterlagen aus Polen (mit Übersetzung) und Deutschland, u.a. Zeugnisse über den Abschluss als Elektromechaniker und am Technikum sowie des Unternehmens für Handel und Technik von Feuerwehr- und Schutzausrüstung D. vom 31.5.1989, dass die Tätigkeit des Klägers als Monteur-Elektriker benannte. Die Beklagte ließ den Kläger einen Fragebogen ausfüllen, der sich darin auch selbst als Monteur-Elektriker bezeichnete.
Mit Bescheid vom 22.2.2016 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten bis 31.12.2009 fest.
Mit Schreiben vom 12.3.2016, eingegangen bei der Beklagten am 15.3.2016, legte der Kläger Widerspruch ein. In der Folge hinterfragte er (u.a.), warum seine Tätigkeit der Qualifikationsgruppe 4 statt 2 zugeordnet werde und warum die Zeit vom 1.7.1981 bis 16.1.1989 nur gekürzt berücksichtigt sei. Er legte eine Kopie des am 10.11.1981 ausgestellten Legitimationsbuches vor.
Mit Schreiben vom 23.8.2016 erklärte die Beklagte dem Kläger, dass die Zeiten ab Ausstellungsdatum des Legitimationsbuches am 10.11.1981 als nachgewiesen angesehen würden. Die Zeit vor der Ausstellung könne nur als glaubhaft gemacht angesehen werden. In die Qualifikationsgruppe 4 würden Facharbeiter eingestuft, in die Gruppe 2 Fachschulabsolventen. Die Einstufung dürfe aber nur insoweit erfolgen wie auch eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung ausgeübt worden sei. Bei Verrichtung sog. unterwertiger Arbeit erfolge die Einstufung dieser entsprechend. Er habe zwar eine Qualifikation zum Techniker-Elektriker erworben, sei dann nach den vorliegenden Bescheinigungen aber als Monteur/Elektriker beschäftigt gewesen, was eine Facharbeitertätigkeit darstelle und der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen sei. Die Beklagte fragte an, ob sich der Widerspruch damit erledigt habe. Auf Seiten des Klägers kamen Bevollmächtigte hinzu, die nunmehr neu vortrugen, dass die Firma D. kein reines Handelsunternehmen gewesen sei, sondern auch einen Technikbereich gehabt habe, in der der Kläger tätig gewesen sei. Voraussetzung dafür sei eine technische Ausbildung gewesen. Der Kläger machte geltend, dass es falsch sei, dass das Legitimationsbuch erst eine Eintragung ab 10.11.1981 enthalte, sondern dieses enthalte eine Eintragung für die Zeit ab 1.7.1981. Der Kläger legte eine neue Bescheinigung des Technischen Handelsunternehmens der elektrotechnischen Branche für Feuerwehr- und Schutzausrüstung D. vom 2.3.2017 vor, die ihn als Wartungsmechaniker für elektrotechnische Anlagen benannte und mitteilte, dass dafür elektrotechnische Kenntnisse und entsprechende Ausbildung erforderlich gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.6.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen aus dem Schreiben vom 23.8.2016.
Am 7.7.2017 ist die Klage beim Sozialgericht Kassel eingegangen.
Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte zu beachten habe, dass ein Legitimationsbuch grundsätzlich erst nach der Probezeit erstellt worden sei. Er beruft sich...