Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Bevollmächtigten zur Vorlage der ihm erteilten Originalvollmacht bei Zweifeln an dessen wirksamer Bevollmächtigung
Orientierungssatz
Bestehen Zweifel an der Authentizität einer Unterschrift unter eine erteilte Vollmacht, so ist die Behörde berechtigt, die Originalvollmacht anzufordern. Weist der Bevollmächtigte seine Vollmacht entgegen § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB 10 nicht innerhalb der Frist nach, so ist ein von ihm erhobener Widerspruch als unwirksam anzusehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und die darin enthaltene Aufrechnungserklärung betreffend die Monate November 2018 bis Februar 2019 (Forderungshöhe: 168,58 Euro).
Der Kläger bezog gemeinsam mit seiner Partnerin - Frau C. - Alg II vom beklagten Jobcenter. Auf den Folgeantrag bewilligte das beklagte Jobcenter dem Kläger und seiner Partnerin für die Monate Mai 2018 bis April 2019 Alg II in Höhe von je 539 Euro pro Monat unter Berücksichtigung des Regelbedarfs in Höhe von 374 Euro sowie der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 330 Euro ohne Anrechnung von Einkommen (Bewilligungsbescheid vom 9.4.2018).
Der Beklagte änderte die Leistungsbewilligung mehrfach ab und berücksichtigte Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung, für die Partnerin gezahltes Alg und Einkommen aus einer im November aufgenommenen Beschäftigung der Partnerin (Änderungsbescheid vom 22.8.2018; Änderungsbescheid und Abhilfebescheid vom 11.10.2018; Änderungsbescheid vom 8.11.2018; Änderungsbescheid vom 16.11.2018; Regelsatzanpassungsbescheid vom 24.11.2018; Änderungsbescheid mit Hinweis auf eine endgültige Festsetzung vom 20.12.2018).
Der Beklagte wies im Februar 2019 Widersprüche gegen eine Aufrechnungserklärung sowie Aufhebungs- und Erstattungsbescheide betreffend August und Oktober 2018 als unzulässig zurück nachdem er zuvor unter Hinweis auf diese Folge eine schriftliche Originalvollmacht vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angefordert hatte (Eingangsbestätigungen vom 13.2.2019; drei Widerspruchsbescheide vom 25.2.20219). Der Prozessbevollmächtigte hatte mitgeteilt, dass eine Originalvollmacht nicht erforderlich sei bzw. hatte er eine nicht unterschriebene Vollmacht vorgelegt.
Nach Anhörung hob der Beklagte die Leistungsbewilligung vom 9.4.2018 für die Monate November 2018 bis Februar 2019 wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auf, verlangte vom Kläger die Erstattung von Leistungen in Höhe von insgesamt 168,58 Euro und erklärte die Aufrechnung mit den laufenden Leistungen in Höhe von 38,20 Euro pro Monat (Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheid vom 15.4.2019). Er berücksichtigte dabei unter anderem zwei zuvor unberücksichtigt gelassene Zahlungen aus November und Dezember 2018 in Höhe von je 50 Euro, bei welchen es sich um ein Geburtstagsgeschenk bzw. Weihnachtsgeschenk gehandelt hatte.
Der Prozessbevollmächtigte erhob am 16.5.2019 Widerspruch und machte geltend, dass die Aufrechnung unzureichend begründet worden sei unter Hinweis darauf, dass darin keine Beschränkung des Prüfungsumfangs durch den Beklagten zu verstehen sei. Dem Widerspruchsschreiben war eine Vollmachtsurkunde beigefügt, welche den Kläger als Vollmachtgeber und Adressat des AlgII-Bescheides benennt und zur Vertretung in sämtlichen Widerspruchsverfahrens und Leistungsüberprüfungsverfahrens ermächtigt. Sie trägt das Datum 11.1.2019 und schließt mit einer Unterschrift (Bl. 926 der VA). Auf die Vollmachtsurkunde wird Bezug genommen.
Der Beklagte forderte mit Eingangsbestätigung den Prozessbevollmächtigten unter Fristsetzung bis zum 5.6.2019 auf, eine Originalvollmacht vorzulegen und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs eine Entscheidung nach Aktenlage an.
Nach Fristablauf verwarf der Beklagte den Widerspruch „wegen Aufrechnung“ als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 21.6.2019). Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass die Unterschrift anscheinend durch den Kläger unterzeichnet sei. In älteren Widerspruchsverfahren aus Februar 2019 habe die auf den 11.1.2019 datierende Vollmacht nicht vorgelegt werden können. Stattdessen sei eine ältere nicht unterschriebene Vollmacht vorgelegt worden. Außerdem weiche die Unterschrift auf der Vollmacht vom 11.1.2019 erheblich von der Unterschrift auf einer älteren Vollmachtsurkunde ab. Deswegen habe die Originalvollmachtsurkunde angefordert werden dürfen. Vorliegend habe der Prozessbevollmächtigte nicht ausdrücklich auf die Verwerfung des Widerspruchs hingewiesen werden müssen, weil er angesichts der Widerspruchsverfahrens aus Februar 2019 die Reaktion des Beklagten habe kennen müssen.
Der Kläger hat am 17.7.2019 Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 15.4.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2019 aufzuheben, soweit die Bewilligungen für November und Dezember 2018 unter Berücksichtigung von Einkünften in Höhe von 50 Euro aufgehoben werden, ents...