Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Versicherungsfreiheit gem § 4 Abs 2 Nr 1 SGB 7. eingeladener Treiber und Hundeführer. Jagdgast. fremdes Jagdrevier. kein Beschäftigungs- und Auftragsverhältnis. Wie-Beschäftigung. eigenwirtschaftliches Interesse. Jagdausübung gem § 1 Abs 4 BJagdG

 

Orientierungssatz

Der Teilnehmer an einer Gesellschaftsjagd, der als Treiber und Schweißhundeführer in eigener Verantwortung eingeladen ist und bei Ausübung dieser Tätigkeit verunfallt, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.941,40 Euro zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage der Zuständigkeit für die Behandlungs- und sonstigen Kosten anlässlich eines bei der Jagd Verletzten und begehren wechselseitig Erstattung ihrer Aufwendungen. Die Klägerin und Widerbeklagte wäre die zuständige Berufsgenossenschaft des bei einer Gesellschaftsjagd verunglückten Treibers, die Beklagte und Widerklägerin ist dessen gesetzliche Krankenversicherung.

Der Verunglückte besitzt einen Begehungsschein bzw. eine Jagderlaubnis. Sein Begehungsschein ist ausgestellt vom Landrat des Main-Spessartkreises und ist für ganz Deutschland gültig.

Mit Schreiben vom 17.09.2014 lud ihn die Forstverwaltung der Stadt C-Stadt zu einer so bezeichneten Gesellschaftsjagd am 22. November 2014 als so wörtlich „Hundeführer/Treiber“ ein. Es werde ein mehrstündiges Treiben abgehalten. Nach der Jagd treffe man sich zum Schüsseltreiben im Gasthaus „DE.“ in D-Stadt. Der Betroffene wurde auf die Unfallverhütungsvorschriften hingewiesen. Er wurde gebeten, seinen „brauchbaren Jagdhund (wenn derzeit einsetzbar)“ und seine Warnkleidung nicht zu vergessen.

Die Stadt C-Stadt besitzt ca. 3000 ha Wald mit mehreren Jagdrevieren. Diese werde in Eigenregie bewirtschaftet. Um die Wildschadensproblematik in den Griff zu bekommen, finden so genannte Gesellschaftsjagden statt, zu denen Personen eingeladen werden, die die Teilnahme wollen. Man weiß, wer an so etwas teilnehmen will oder erfährt dies über andere. Die Eingeladenen erhalten hierfür kein Geld, sondern werden dann zum Essen eingeladen.

Der Betroffene war am Unfalltag selbst Mitpächter in einem anderen Gemeinschaftsjagdrevier. Am Unfalltag wurde er eigenen Angaben zufolge als so genannter Durchgehschütze bzw. Durchgangsschütze eingesetzt. Er führte neben seinem Jagdhund auch eine Jagdwaffe mit. Nach eigenen Angaben war er als Hundeführer zur Nachsuche eingeladen.

Zum Unfallereignis kam es, als der Betroffene nach seinen Angaben „beim Durchgehen als Durchgangsschütze bei der Treibjagd“ von einem Stein oder einer Wurzel abrutschte und sich dabei das linke Knie verdrehte. Die zunächst angegangene Bayerische Landesunfallkasse erbrachte darauf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die hiernach mit der Sache befasste zuständige Klägerin lehnte den Vorfall mit Bescheid vom 03.03.2015 als Arbeitsunfall ab und wies auch den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2015 zurück. Dieser Bescheid wurde, soweit ersichtlich, so bestandskräftig.

In der Folge machten die Beteiligten wechselseitig Erstattungsansprüche geltend. Bereits mit Schreiben vom 03.03.2015 meldete die Klägerin ihre vermeintlichen Erstattungsansprüche bei der Beklagten an, die Beklagte (und Widerklägerin) die ihr vermeintlich zustehenden mit Schreiben vom 30.07.2015. Insgesamt wandte die Klägerin mindestens einen Betrag von 10.941,40 Euro, die Beklagte einen solchen von mindestens 4.051,96 Euro auf.

Mit Schreiben vom 07.04.2016 hat die Klägerin und Widerbeklagte am 15.04.2016 Leistungsklage zum Sozialgericht erhoben. Sie vertritt die Auffassung, als Durchgangsschütze sei der Betroffene bei ihr nicht versichert gewesen. Da nach den Angaben der Betroffenen und nach Bestätigung der Stadt C-Stadt keine Entlohnung für die Tätigkeit der Gesellschaftsjagd vereinbart worden sei und auch kein Arbeitsvertrag als Schweißhundeführer geschlossen worden sei, sei keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Beschäftigung ausgeübt worden. Die Bestätigung der Stadt C-Stadt darüber, dass der Betroffene an die Weisungen bzgl. der zu durchtreibenden Waldfläche gebunden gewesen sei, mithin eine Beauftragung erfolgt sei, ändere nichts an der Abgrenzung einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII und an dem privaten Interesse an der Jagd. Der Betroffene sei im Besitz eines Jagderlaubnisscheines gewesen, habe zum Unfallzeitpunkt eine Waffe sowie einen Jagdhund geführt. Bei Treibern oder Durchgangsschützen stehe die nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherungsfreie Jagdgasteigenschaft im Vordergrund, eine abhängige Tätigkeit mit Arbeitnehmercharakter liege nicht vor.

Sie beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.941,40 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stellt sich auf den S...

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