Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz. posttraumatische Belastungsstörung als Folge der rechtswidrigen Inhaftierung in der ehemaligen DDR. MdE-Festsetzung
Orientierungssatz
Zur Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge der rechtswidrigen Inhaftierung in der ehemaligen DDR mit einer MdE von 20 vH.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 05. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2003 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge der Inhaftierung in der ehemaligen DDR anzuerkennen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Beschädigtenversorgung wegen einer zu Unrecht verbüßten Haftzeit.
Der am ... 1945 geborene Kläger war Fernsehtechniker, als er auf der Transitstrecke wegen angeblicher Beihilfe zur Republikflucht verhaftet wurde. Er verbüßte vom 07. Januar 1980 bis 15. Juli 1982 eine Haftzeit in Justizvollzugsanstalten in B-L, P und K-M-Stadt (C). Mit Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 05. Juli 1996 wurde der Kläger strafrechtlich rehabilitiert, die Haftzeit wurde als zu Unrecht erfolgt bestätigt und als Verfolgungszeit im Sinne des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) festgestellt.
Unter dem 05. Februar 2002 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen als Folge der zu Unrecht erlittenen Inhaftierung festzustellen. Er leide unter einer linksseitigen Schwerhörigkeit, mehr als rechtsseits. Zudem bestünde rechtsseits ein Tinnitus. Er habe Gleichgewichtsstörungen, auch sei er psychisch nicht belastbar und leide unter einer Konzentrationsschwäche. Er führe dies insbesondere auf die erlittene lange Einzelhaft zurück.
Das beklagte Land leitete daraufhin Ermittlungen zu der gesundheitlichen Situation des Klägers über den Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen durch Beiziehung der Haftakte, sowie über die Justizvollzugsanstalten C und P ein. Darüber hinaus veranlasste der Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. H, L, vom 12. März 2003. Nach Untersuchung des Klägers führte dieser aus, dass die bei dem Kläger bestehende beidseitige Schwerhörigkeit angesichts der Stille der Haftsituation im Zusammenhang eher nicht erklärlich sei, aber möglicherweise eine psychogene Hörstörung vorläge, die auch im Zusammenhang mit dem Ohrgeräusch gesehen werden könnte. Er lehnte im Ergebnis einen Zusammenhang der Hörstörung als Schädigungsfolge ab, unabhängig von der Inhaftierung bestünde bei dem Kläger eine Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen im Sinne des Grades der Behinderung (GdB) von 20. Weiterhin veranlasste der Beklagte eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. He, C-A-Universität K vom 22. April 2003. Nach Untersuchung des Klägers lehnte dieser einen Zusammenhang des Tinnitus mit der erlittenen Inhaftierung ab. Auch die Gleichgewichtsstörungen im Sinne einer cerebralen Durchblutungsstörung sowie die Konzentrationsschwäche im Sinne einer Hirnorganischen Leistungseinbuße seien im Zusammenhang nicht erklärbar. Die Voraussetzungen für eine posttraumatische Belastungsstörung lägen nicht vor. Bei dem Kläger bestünde nur eine gewisse verminderte Belastbarkeit, die nicht im Zusammenhang zu sehen sei. Es sei allenfalls eine leichte psychovegetative Störung bei dem Kläger anzunehmen.
Mit Bescheid vom 05. Mai 2003 lehnte das beklagte Land gegenüber dem Kläger eine Beschädigtenversorgung nach § 21 Abs. 1 S. 1 des Strafrechtlichen Rehabilitationsgesetzes (StrRehaG) ab. Es seien nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit Gesundheitsstörungen des Klägers auf die Inhaftierung zurückzuführen, unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Gutachter Dr. He und Dr. H. Die im Rahmen der Begutachtung festgestellte psychovegetative Störung sei ebenso wenig wie die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen im Zusammenhang mit den Haftbedingungen entstanden, insbesondere hätten sich keine Anhaltspunkte für eine posttraumatische Belastungsstörung ergeben.
Der Kläger erhob am 27. Mai 2003 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er die eingeholten Gutachten nicht für überzeugend halte. Aus der ärztlichen Behandlungskarte der Haftzeit sei erkennbar, dass die Gesundheitsstörungen dort entstanden seien. Im Einzelnen leide er an einer Hörstörung, Gleichgewichtsstörungen, Beschwerden an der Halswirbelsäule, an einer chronischen Stirnhöhlenentzündung und Kopfschmerzen. Dies führe er insbesondere auf die lauten Maschinen bei der Zwangsarbeit zurück und das Schlossknallen. Darüber hinaus wies er auf die besonderen Folgen der bei ihm durchgeführten Zwangsernährung aufgrund seines Hungerstreiks hin. Er legte hierzu weitere Auszüge aus der Stasi-Akte, un...