Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Auswahlentscheidung zwischen mehreren geeigneten Rehabilitationseinrichtungen. Nachrangigkeit des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten
Orientierungssatz
Eine gesetzliche Krankenkasse ist berechtigt bei der Auswahlentscheidung zwischen mehreren geeigneten Rehabilitationseinrichtungen unter dem Gesichtspunkt einer von der Auslastung abhängigen Rentabilität die zur Bedarfsdeckung vorgehaltenen eigenen Einrichtungen und Vertragseinrichtungen zu bevorzugen. Das Wunsch- und Wahlrecht eines Versicherten hat dem gegenüber geringeres Gewicht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte den Kläger von den Kosten für stationäre Anschlussrehabilitation in der Rheumaklinik B. (18.02.2003 bis 15.03.2003) ganz oder teilweise freizustellen hat.
Der 1939 geborene, in R. wohnhafte Kläger ist als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er leidet an rheumatoider Arthritis und befindet sich wegen dieses Leidens seit Jahren in Behandlung bei Prof. Dr. J., Chefarzt der Rheumaklinik B. Prof. Dr. J "schickte" den Kläger wegen Coxarthrose links in die Chirurgische Universitätsklinik U. (Schreiben vom 24.02.2003). Dort wurde am 06.02.2003 eine Hüftendoprothese implantiert (stationärer Aufenthalt 05.02.2003 bis 19.02.2003).
Mit Schreiben vom 06.02.2003 beantragte die Universitätsklinik U. für den Kläger die Durchführung einer Anschlussrehabilitation in der Rheumaklinik B. Der Kläger wolle wegen anderer Erkrankungen nur nach B. Mit Schreiben an die Universitätsklinik U. vom 11.02.2003 genehmigte die Beklagte die Durchführung der Anschlussrehabilitation in den Rehabilitationskliniken C. oder D. Eine Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik B. könne nicht bewilligt werden.
Der Kläger erhob Widerspruch. Der Ermessensspielraum der Beklagten sei durch sein Wahlrecht gemäß § 9 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) eingeschränkt. Er wollte die Anschlussheilbehandlung in B. durchführen lassen, da die Einrichtung nur 30 km von seinem Wohnort entfernt sei (gegenüber 100 km bzw. 130 km im Falle der Kliniken C. bzw. D. Ein genesungsförderlicher Besuch durch seine Familie sei sonst seltener möglich. Darüber hinaus sei B. im Sinne einer kontinuierlichen Fortsetzung der Behandlung durch Prof. Dr. J. der Vorzug zu geben. Mit der Rheumaklinik B. sei im übrigen ein Versorgungsvertrag abgeschlossen worden.
Die Beklagte bekräftigte ihren Standpunkt mit Schreiben vom 14.02.2003. Die von ihr ausgewählten Kliniken lägen im tolerierbaren Umkreis von 100 bis 130 km. Die Klinik in C. verfüge darüber hinaus über einen eigenen Fahrdienst. Täglicher Besuch könne den Rehabilitationserfolg sogar stören. Ihre Entscheidungen unterlägen dem Wirtschaftlichkeitsgebot.
Obwohl Prof. Dr. J. in einem Schreiben an die Beklagte vom 24.02.2003 ergänzend darauf hinwies, dass die Missachtung des Patientenwunsches sich sicher auf das Behandlungsergebnis auswirke, wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 11.03.2003 als unbegründet zurück. Beide ausgewählten Kliniken könnten das Krankheitsbild optimal behandeln. Unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots sei die Entscheidung daher korrekt.
Die Anschlussrehabilitation wurde vom 18.02.2003 bis 15.03.2003 in der Rheumaklinik B. durchgeführt. Die Rechnung der Klinik ist noch offen. Mit der am 31.03.2003 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Freistellung von den Kosten der Anschlussrehabilitation in B. Er trägt ergänzend vor, die Beklagte habe sein Wunsch- und Wahlrecht, das vor dem Hintergrund von § 33 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 9 SGB IX das Wirtschaftlichkeitsgebot selbst bei einer geringfügigen Überschreitung der Tagessätze überlagere, zu Unrecht völlig unbeachtet gelassen. Dass die Beklagte unter Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot wesentlich weiter entfernte Kliniken angeboten habe, sei geradezu paradox, zumal sie selbst die Universitätsklinik U. aufgefordert habe, Versicherte in der nächstgelegenen, maximal 100 km vom Wohnort entfernten Klinik, anzumelden. Im übrigen lasse sich die beantragte Kostenübernahme auch unter Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vollständig ablehnen. Da Versicherte im Rahmen des Sachleistungsprinzips grundsätzlich berechtigt seien, auch aufwendigere Leistungen zu wählen, sofern sie die Mehrkosten selbst tragen, habe die Beklagte ihn mindestens in Höhe der Kosten freizustellen, die bei einer Rehabilitation in C. oder D. entstanden wären, also mindestens in Höhe eines Betrages von 2.070,-- €.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Übernahme der Kosten für seinen stationären Aufenthalt in der Rheuma-Klinik B. vom 18.02.2003 bis 15.03.2003 ganz, mindestens aber in Höhe von 2.070,-- € zu übernehmen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ...