Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung bzw Wegfall des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung einer von mehreren Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. fehlerhafte Rechtsfolgenbelehrung der Eingliederungsvereinbarung

 

Orientierungssatz

1. Die Wirksamkeit einer Rechtsfolgenbelehrung gem § 31 Abs 1 S 1 SGB 2 setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot einer Arbeitsgelegenheit erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung, zB eine angebotene Arbeitsgelegenheit anzutreten, für ihn ergeben, wenn für die Weigerung kein wichtiger Grund vorliegt.

2. Ein Sanktionsbescheid wegen Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 2 ist rechtswidrig, wenn in der Eingliederungsvereinbarung mehrere Obliegenheitspflichten des Hilfebedürftigen festgelegt wurden und es nach der Rechtsfolgenbelehrung der Eingliederungsvereinbarung unklar bleibt, ob die Sanktion bereits bei einmaliger Pflichtverletzung greift oder erst, wenn alle Obliegenheitspflichten verletzt werden.

 

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 28.04.2010 gegen die Bescheide vom 27.04.2010 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.

 

Gründe

I. Zwischen den Beteiligten ist die Absenkung der Regelleistung jeweils mit Bescheiden vom 27.04.2010 in Höhe von 30 % für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2010 streitig.

Die Antragsteller (Ast.) erhalten von der Antragsgegnerin (Ag.) laufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.

Mit Bescheid vom 23.02.2010 wurde dem Ast. zu 1) eine Eingliederungsvereinbarung mit Verwaltungsakt bekanntgegeben. Unter Ziff. 2 wurde u. a. festgelegt, dass der Ast. zu 1) an folgender Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten gemäß § 16d Satz 2 SGB II teilzunehmen habe: Art der Tätigkeit: Auslieferungsfahrer bei C.; Tätigkeitsort: K.; zeitlicher Umfang: 30 Stunden/Woche; Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde: 1 €; individuelles Maßnahmeziel: Heranführen an den Arbeitsmarkt.

In der beigelegten Rechtsfolgenbelehrung wurde u. a. ausgeführt, dass § 31 SGB II bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungskürzungen vorsehe. Wenn der Ast. zu 1) erstmals gegen die mit ihm vereinbarten Eingliederungsbemühungen verstoße, werde das Arbeitslosengeld (ALG) II um einen Betrag in Höhe von 30 % der für ihn maßgebenden Regelleistung nach § 20 SGB II abgesenkt.

Gegen diesen Verwaltungsakt legte der Ast zu 1) mit Schreiben vom 01.03.2010 Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 23.02.2010 wurde dem Ast. zu 1) entsprechend der Eingliederungsvereinbarung vom 23.02.2010 die Arbeitsgelegenheit bei der C. angeboten. In der beigelegten Rechtsfolgenbelehrung wurde u. a. ausgeführt, dass für den Fall dass der Ast. zu 1) sich weigere, diesen Vermittlungsvorschlag anzunehmen, die Regelleistung um 30 % gekürzt werde (in der Akte der Ag. befindet sich lediglich ein Nachdruck vom 05.05.2010).

Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 22.03.2010 senkte die Ag. mit Bescheid vom 27.04.2010 das ALG II um 30 % der Regelleistung gegenüber dem Ast zu 1), d. h. konkret um 96,60 € für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2010 ab.

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass der Ast. zu 1) mit Eingliederungsvereinbarung vom 27.10.2010 verpflichtet worden sei, an der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten gemäß § 16d Satz 2 SGB II als Auslieferungsfahrer bei C., K. teilzunehmen. Dieser Pflicht sei der Ast. zu 1) nach Mitteilung von C., K. nicht nachgekommen, weil sich der Ast. zu 1) dort weder gemeldet noch vorgestellt habe. Gründe, die dieses Verhalten erklären würden, seien weder abgegeben noch nachgewiesen worden.

Auch gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 28.04.2010 Widerspruch erhoben.

Entsprechend dem Bescheid vom 23.02.2010 gegenüber dem Ast. zu 1) wurde auch gegenüber der Ast. zu 2) eine Eingliederungsvereinbarung mit Verwaltungsakt bekanntgegeben. Unter Ziff. 2 wurde u. a. festgelegt, dass die Ast. zu 2) an folgender Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten gemäß § 16d Satz 2 SGB II teilzunehmen habe: Art der Tätigkeit: Helferin im Bewerberbüro; Tätigkeitsort: N.; zeitlicher Umfang: 30 Stunden/Woche; Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde: 1 €; individuelles Maßnahmeziel: Heranführen an den Arbeitsmarkt.

In der beigelegten Rechtsfolgenbelehrung wurde u. a. ausgeführt, dass § 31 SGB II bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungskürzungen vorsehe. Wenn die Ast. zu 2) erstmals gegen die mit ihr vereinbarten Eingliederungsbemühungen verstoße, werde das Arb...

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