Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Blindenhilfe. Erhalt gleichartiger Leistungen. bayerisches Landesblindengeld. Leistungsanspruch maximal in Höhe eines Aufstockungsbetrages. Einkommenseinsatz. erneute Berücksichtigung des Landesblindengeldes
Leitsatz (amtlich)
§ 72 Abs 1 S 1 SGB 12 normiert keine spezielle Konkurrenzregelung für Sozialleistungen, die Blindheit bedingte Mehraufwendungen ausgleichen wollen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist die Berücksichtigung von Landesblindengeld für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens zur Berechnung der Blindenhilfe gemäß § 72 SGB XII.
Der am ... 1966 geborene Kläger ist blind und erhält seit 2004 Blindenhilfe, die später gekürzt worden ist in Folge der Berücksichtigung von Blindengeld nach dem Bayer. Blindengesetz als Einkommen neben der Erwerbsminderungsrente und dem Wohngeld. Bereits im März 2006 wandte sich der Kläger gegen die Anrechnung des Landesblindengeldes als Einkommen für die Berechnung des Blindenhilfe; er erklärte sich im Weiteren einverstanden mit einer Zurückstellung seiner Widersprüche bis in gleichgelagerten Fällen gerichtlich über die Anrechnung des Landesblindengeldes als Einkommen entschieden ist. Mit Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 02. Februar 2011 (Az.: S 10 SO 36/09) wurde der Beklagte zur Gewährung von Blindenhilfe verpflichtet ohne Anrechnung des Landesblindengeldes als Einkommen. Der Beklagte hat hiergegen Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt, die er nach dem Versterben des blinden Leistungsberechtigten zurückgenommen hat.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2013 gewährte der Beklagte dem Kläger bis auf weiteres eine monatliche Blindenhilfe in Höhe von 69,67 €. Zur Berechnung der Blindenhilfe ging der Beklagte von einem bereinigten Einkommen in Höhe 1.172,29 € aus (Blindengeld 535,00 €, Wohngeld 112,00 €, Erwerbsminderungsrente 634,04 € ./. Versicherung, Fahrdienstkosten und Schuldentilgung); abzüglich des Grundbetrags und der Mietkosten verblieb ein den Bedarf übersteigendes Einkommen in Höhe von 63,29 €. Das zuzumutende einzusetzende Einkommen in Höhe von 40 % hieraus (§ 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) führte zur Kürzung des maximalen Blindengeldes (94,99 €) um 25,32 €; die Höhe der Blindenhilfe belief sich ab 01. Juli 2013 gemäß § 72 Abs. 2 SGB XII auf 629,99 €, das Landesblindengeld auf 535,00 €. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und begründete diesen mit Hinweis auf das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 02. Februar 2011. § 72 Abs. 1 SGB XII sei lex specialis gegenüber § 83 Abs. 1 SGB XII. Die ergänzende Blindenhilfe belaufe sich maximal auf den Differenzbetrag zwischen Blindenhilfe und Landesblindengeld. Werde das Blindengeld schon bei der Höhe des Betrags der Blindenhilfe in Abzug gebracht, könne es nicht nochmals bei der Berechnung der Bedürftigkeit in Ansatz gebracht werden.
Mit Bescheid vom 23. September 2013 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch zurück. Dem Urteil des Sozialgerichts Landshut könne nicht gefolgt werden. Von einer Doppelanrechnung könne nicht ausgegangen werden. Mit dem Landesblindengeld werde eine Obergrenze für den Aufstockungsbetrag gezogen, die unabhängig von individuellen Einkommensverhältnissen sei. Die Blindenhilfe sei im 9. Kapitel des SGB XII geregelt, so dass gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII für den jeweiligen Einkommenseinsatz die §§ 82 ff. SGB XII maßgeblich seien. Mit Hilfe der Einkommensvorschriften solle der zumutbare Einkommenseinsatz ermittelt werden. Der Regelung des § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, wonach blinden Menschen der Einsatz von mindestens 60 % des über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens nicht zumutbar sei, bedürfte es nicht, wenn das Landesblindengeld schon bei der Berechnung des Einkommens außer Acht zu lassen wäre; andernfalls würde es zu einer Begünstigung über den blindheitsbedingten Bedarf hinaus kommen.
Der Kläger ließ hiergegen am 08.10.2013 Klage erheben.
Zu deren Begründung wird vorgetragen: Dem vorangegangenen Urteil des Sozialgerichts Landshut sei beizutreten. Die Regelungen des § 72 und des § 83 SGB XII dienten jeweils demselben Zweck, nämlich eine Mehrfachleistung gleichartiger Sozialleistungen zu verhindern. Durch eine kumulative Anwendung beider Vorschriften dürfe es aber nicht zu dem widersprüchlichen und nicht akzeptablen Ergebnis kommen, dass der Leistungsberechtigte durch die Hilfen aus zwei verschiedenen Sozialleistungstöpfen, nämlich Bundes-Blindenhilfe einerseits und Landesblindengeld andererseits, schlechter gestellt wäre, als wenn kein Landesblindengeld, sondern nur die Sozialleistung nach dem SGB XII bezahlt würde.
Der Kläger beantragt:
1. Den Bescheid des Beklagten vom 25. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2013 aufzuheben.
2. Den Beklagten zu verurteilen, ihm ergänzende Blindenhilfe nach § 72 SGB XII ohne Anrechnung des Landesblindengeldes bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens in voller Höhe d...