Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. kein Ausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 bei Aufstiegsfortbildung. Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung. keine Förderungsfähigkeit nach BAföG. keine Einkommensberücksichtigung. Unterhaltsbeitrag als Darlehen. Zuflussprinzip

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 ist bei Maßnahmen nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG) nicht anwendbar.

2. Der als Darlehen erbrachte Unterhaltsbeitrag nach dem AFBG ist kein Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2.

 

Orientierungssatz

1. Der Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung ist als Aufstiegsfortbildung nicht förderungsfähig nach dem BAFöG.

2. Einkommen ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält. Dabei ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich angesehen (vgl BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R und B 4 AS 57/07 R). Nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind Darlehenszahlungen einkommensneutral. Eine Veränderung des Vermögensstandes wird dadurch nicht bewirkt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.02.2012; Aktenzeichen B 4 AS 94/11 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit einer beruflichen Aufstiegsfortbildung.

Der 1972 geborene Kläger lebt mit .. (Lebensgefährtin) in einer Mietwohnung. Auf den Mietvertrag vom 10. Februar 2004 wird verwiesen (Blatt 9ff der Verwaltungsakte).

Seit Februar 2003 war der Kläger als Technischer Mitarbeiter beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 28. Januar 2003, vgl. Blatt 37ff der Gerichtsakte). Ab März 2005 arbeitete er 15 Stunden monatlich. Auf die “Kündigung des Arbeitsverhältnisses„ vom 11. Januar 2005 und die “Lohn-/Gehaltsabrechnungen„ für 2005 wird verwiesen (Blatt 41ff der Gerichtsakte).

Vom 28. Februar bis 16. Dezember 2005 nahm der Kläger an einem Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung teil (Kursbestätigung vom 30. Januar 2008, vgl. Blatt 68 der Gerichtsakte). Hierfür wurde ihm u.a. ein Unterhaltsbeitrag für März bis Dezember 2005 in Höhe von monatlich 211,- € (Zuschuss) und 403,- € (Darlehen) bewilligt (Bescheid vom 31. März 2005, vgl. Blatt 15ff der Verwaltungsakte). Über das Darlehen vereinbarte der Kläger am 7. April 2005 einen Rahmendarlehensvertrag. Das Darlehen war bis Dezember 2007 zins- und tilgungsfrei. Auf den (auszugsweise vorliegenden) Vertrag wird verwiesen (Blatt 54ff der Gerichtsakte).

Die Lebensgefährtin war 2005 u.a. beschäftigt. Auf den Bescheid vom 14. März 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag wird verwiesen (Blatt 65ff der Gerichtsakte).

Am 12. April 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 (W 12152/05) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig.

Dagegen richtet sich die Klage vom 20. Januar 2006 (ursprüngliches Aktenzeichen: S 14 AS 91/06).

Der Kläger trägt vor, er sei seit Januar 2006 selbständig tätig. Seit 2008 zahle er u.a. o.g. Darlehen zurück.

Er beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 dem Grunde nach zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 12. April 2005 bis 31. Dezember 2005 unter der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens von Frau .. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig. Denn das Darlehen für den Unterhalt des Klägers sei als Einkommen zu berücksichtigen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Denn der Kläger hat für die streitgegenständliche Zeit ein Recht auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

1. Gegenstand des Verfahrens (§ 95 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist der (Ablehnungs-) Bescheid vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 (W 12152/05). Abändernde und / oder ersetzende Verwaltungsakte im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG sind weder bekannt noch nach § 96 Abs. 2 SGG mitgeteilt.

Klagebegehren (§ 123 SGG) und Streitgegenstand ist, ob der Kläger für die Zeit vom 12. April bis 31. Dezember 2005 ein Recht auf Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat. Die streitgegenständliche Zeit ist nicht auf den “Bewilligungszeitraum vom 12.04.2005 bis 30.06.2005„ (vgl. sog. Berechnungsbogen zum Bescheid vom 21. Juni 2005) beschränkt. Denn die Beklagte lehnte den Antrag vom 12. April 2005 mit Bescheid vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 zeitlich unbegrenzt ab. Daran ändert der o.g. Berechnungsbogen nichts. Denn dem Kläger wurde nichts “bewilligt„. Daher ist Streitgegenstand grundsätzlich die Zeit bis zur Entscheidung des Gerichts, ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), vgl. zB Urteile vom 7. November 2006 - B...

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