Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Einpersonenhaushalt im Landkreis Nordsachsen. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. gesamter Landkreis als Vergleichsraum
Leitsatz (amtlich)
Die Mietobergrenzen im Landkreis Nordsachsen genügen nicht den höchstrichterlichen Vorgaben für ein "schlüssiges Konzept".
Orientierungssatz
Az beim LSG Chemnitz: L 2 AS 154/16
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2014 verpflichtet, dem Kläger im Bewilligungszeitraum vom 01.06.2014 bis 30.11.2014 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Aufwendungen für seine Wohnung zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die vollständige Berücksichtigung der Aufwendungen für seine Wohnung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Der 1956 geborene Kläger bezieht laufend und auch schon länger Arbeitslosengeld II von dem Beklagten. Für seine 1980 bezogene, 56 qm große Wohnung in einem Ortsteil von B... hatte der Kläger 2011 271,91 EUR + 15 EUR für Rolläden und insgesamt 65,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung zu leisten. Aus Verpachtung erzielt der Kläger Einnahmen in Höhe von monatlich 76,25 EUR.
Der Beklagte berücksichtigte zunächst lediglich 268,40 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Mit Bescheid vom 12.04.2012 stellte der Beklagte auf einen Überprüfungsantrag hin die tatsächlichen Kosten in die Berechnung ein.
Nach der Betriebskostenabrechnung 2011 vom 30.10.2012 hatte der Kläger insgesamt 70,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung, damit 356,91 EUR warm für seine Wohnung zu zahlen.
Die Betriebskostenabrechnung vom 24.06.2013 endete mit einem Guthaben von 88,07 EUR. Nun war noch eine Betriebskostenvorauszahlung von insgesamt 60,00 EUR zu leisten.
Mit Schreiben vom 05.11.2013 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen seien. Für den Wohnort des Klägers sei lediglich eine Bruttokaltmiete von 256,50 EUR angemessen. Ab 01.06.2014 würden nur noch diese angemessenen Kosten berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 24.04.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger dementsprechend auch nur noch 692,79 EUR, darunter 311,91 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatlich für die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 09.05.2014 Widerspruch. Das Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe der Unterkunft sei nicht schlüssig.
Die Betriebskostenabrechnung vom 20.05.2014 endete mit einem Guthaben von 46,91 EUR. Es war nun eine Betriebskostenvorauszahlung von insgesamt 65,00 EUR zu zahlen. Das Guthaben ging am 25.07.2014 auf dem Konto des Klägers ein.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2014 zurück. Die Angemessenheitsgrenze sei zutreffend. Es seien auch Wohnungen verfügbar.
Mit Änderungsbescheid vom 25.08.2014 bewilligte der Beklagte für September noch 680,88 EUR, darunter 300,00 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Das Betriebskostenguthaben mindere die tatsächliche Miete, so dass sich ein tatsächlich anzurechnendes Guthaben von 11,91 EUR ergebe. Das Einverständnis des Klägers vorausgesetzt, werde das Guthaben im September verrechnet.
Der Kläger hat am 15.09.2014 Klage erhoben.
Mit Bescheiden vom 21.11.2014, die in den vorgelegten Aktenteilen nicht enthalten sind, soll der Beklagte dem Kläger für August, Oktober und November jeweils Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 346,91 EUR gewährt haben.
Der Kläger trägt vor, dass die Ermittlung der angemessenen Bedarfe der Unterkunft auf einer veralteten Datengrundlage beruhe. In der Zwischenzeit sei in erheblichem Umfang Wohnraum abgerissen worden. Angemessener Wohnraum stehe in B... und Umgebung tatsächlich nicht zur Verfügung.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2014 zu verpflichten dem Kläger im Bewilligungszeitraum vom 01.06.2014 bis 30.11.2014 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Aufwendungen für seine Wohnung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass der gesamte Landkreis als örtlicher Vergleichsraum zu betrachten sei. Von jedem Ort des Landkreises aus sei das nächstgelegene Mittelzentrum in maximal 71 Minuten zu erreichen. Die erhobenen Daten seien repräsentativ, da mehr als 10 % des fraglichen Wohnungsbestandes erfasst seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Prozessakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 25.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25.08.2014 und 21.11.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Sozialgerichtsgesetz. Der Kläger hat Anspruch auf A...