Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachforderung von Krankenhausbehandlungskosten nach Erteilung einer Schlussrechnung
Orientierungssatz
1. Nach § 112 SGB 5 schließen die Landesverbände der Krankenkassen mit der Landeskrankenhausgesellschaft Verträge über die Zahlungsmodalitäten eines Vergütungsanspruchs des Krankenhausträgers. Darin kann eine Regelung dahin getroffen werden, dass das Krankenhaus innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung der Behandlung eine Schlussrechnung der Krankenkasse übersendet.
2. Eine nachträgliche Neuberechnung ist auch bei Erteilung einer Schlussrechnung nicht ausgeschlossen. Der Fallpauschalenkatalog gewährt kein Bestimmungsrecht, dessen Ausübung das Krankenhaus abschließend bindet und den Zahlungsanspruch auf den zunächst geforderten Betrag beschränkt.
3. Nach der Entscheidung des BSG vom 8. 9. 2009 ist das Krankenhaus nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an der Korrektur einer fehlerhaften Abrechnung dann gehindert, wenn sie mehr als zwei Jahre nach Rechnungstellung und damit außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse vorgenommen wird und dafür keine besondere Rechtfertigung besteht, vgl. BSG, Urteil vom 08. September 2009 - B 1 KR 11/09 R.
4. Hieraus kann jedoch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 17. 12. 2009 nicht geschlossen werden, dass Nachforderung nur in den Grenzen des Haushaltsjahres zulässig sind, vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 12/08 R.
5. Lässt sich eine von dem Krankenhausträger systematisch betriebene nachträgliche Rechnungsoptimierung nicht belegen, so ist das Krankenhaus auch noch nach Rechnungstellung zur Nachforderung einer offenen Vergütung berechtigt.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.007,10 Euro nebst 2 %-Punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. März 2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 1.007,10 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Behandlungskosten in Höhe von 1.007,10 Euro nebst Zinsen. Dabei ist insbesondere streitig, ob die Klägerin berechtigt war, die ursprüngliche Schlussrechnung zu stornieren und die Behandlung erneut - und höher - zu berechnen.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in .... Sie betreibt neben weiteren Kliniken das ... in Rheinland-Pfalz. In diesem Krankenhaus befand sich vom 20. bis 29. Juli 2006 die am ... geborene ... in vollstationärer Behandlung. Die Patientin wurde mit der Diagnose K29.6 (sonstige Gastritis) aufgenommen und entlassen. Unter dem 8. August 2006 rechnete die Klägerin die Behandlung nach dem DRG G67C (Ösophagitis, Gastroenteritis und verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane ohne komplexe oder komplizierende Diagnose) mit einem Betrag von 1.780,94 Euro ab. Diese Schlussrechnung wurde von der Beklagten in voller Höhe beglichen.
Am 20. Februar 2007 wandte sich die Klägerin ... an die Beklagte und teilte mit, anlässlich einer internen Überprüfung sei festgestellt worden, dass für die Abrechnung des Behandlungsfalls die Nebendiagnosen E87.6 Hypokaliämie, R 32 Harninkontinenz onA und R15 Stuhlinkontinenz nicht kodiert worden seien. Unter Hinzufügung dieser Nebendiagnosen zu den bereits kodierten Diagnosen und Prozeduren ändere sich die abgerechnete DRG G67C in die DRG G48Z. Eine neue Entlassungsanzeige sowie die korrigierte Rechnung werde per Datenaustausch übermittelt. Die Klägerin übersandte die Stornierung der Rechnung in Höhe von 1.780,94 Euro (20. Februar 2007) sowie die neue Rechnung, ebenfalls vom 20. Februar 2007, über 2.788,04 Euro.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 lehnte die Beklagte eine weitere Zahlung der Behandlung mit der Begründung ab, es sei eine zeitnahe Prüfung, wie von der BSG-Rechtssprechung gefordert, nicht mehr möglich und daher scheide eine Erstattung der erlössteigernden Rechnung aus. § 9 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V regele abschließend die Zahlungsmodalitäten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. Demnach habe das Krankenhaus innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung eine Schlussrechnung zu übersenden. Mit der Zahlung der Schlussrechnung sei das eingegangene Vertragsverhältnis beendet. Eine Korrektur bzw. die Erstellung einer neuen Rechnung trotz Bezahlung sei für die Krankenhäuser nicht vertraglich fixiert und würde auch dem Sinn des § 9 Abs. 8 des Vertrages nach § 112 SGB V widersprechen. Reiche das Krankenhaus erst mehrere Monate nach Eingang der ersten Rechnung eine erlösoptimierende korrigierte Rechnung nach, so sei es nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die bis dahin hätten geltend gemacht werden können.
Dagegen richtet sich die am 20. März 2007 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangene Klage. Die Klägerin macht geltend, sie sei zur Korrektur der ursprünglich falsch gestellten Rechnung berechtigt. Dies habe auch das Sozialgericht Lübeck in einem ...