Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. angemessene Rechtsanwaltsvergütung im Rahmen der Prozesskostenhilfe bei Betragsrahmengebühren. Erkenntnisse aus Parallelverfahren. Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. einstweiliges Rechtsschutzverfahren auf dem Gebiet des SGB 2
Orientierungssatz
Zur Höhe der Prozesskostenhilfevergütung in einem grundsicherungsrechtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach dem SGB 2, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; insbesondere zur Frage, inwieweit gebührenmindernd Berücksichtigung finden kann, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt Erkenntnisse aus einem Parallelverfahren verwenden konnte und zu der hier verneinten Frage, inwieweit sozialgerichtliche Verfahren aufgrund des Erfordernisses von Fachwissen von vornherein schwierig sind (entgegen LSG Essen vom 5.5.2009 - L 1 AL 55/08).
Tenor
Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 26. März 2009 gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16. März 2009 - S 29 AS 1709/08 ER - wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Die Erinnerungsführerin macht als beigeordnete Rechtsanwältin einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich nach etwa sechswöchiger Verfahrensdauer durch die Erteilung eines abhelfenden Bescheides erledigte. Streitbefangen ist im Erinnerungsverfahren noch die Höhe der Verfahrensgebühr.
Zwar hat die Erinnerungsführerin gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16. März 2009 - S 29 AS 1709/08 ER - nicht ausdrücklich Erinnerung erhoben; die Kammer geht indes in entsprechender Anwendung des § 123 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und aufgrund der weiteren schriftsätzlichen Äußerungen der Erinnerungsführerin im Erinnerungsverfahren zu ihren Gunsten davon aus, dass der korrigierte Antrag auf Festsetzung der Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln vom 26. März 2009 als Erinnerung zu verstehen sein soll.
Die Erinnerung bleibt jedoch erfolglos.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erhobene Erinnerung der Erinnerungsführerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe zutreffend auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 226,10 € festgesetzt.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht ...