Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriterien zur Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgegolten wird, für die keine sonstige Gebühr festgesetzt ist. Für deren Höhe ist der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit maßgebend.

2. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Überdurchschnittlich schwierig ist die Arbeit dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten. Dabei ist nicht nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren. Von einer durchschnittlich schwierigen anwaltlichen Tätigkeit ist dann nicht mehr auszugehen, wenn der zu bearbeitende Fall von einem Normal- bzw. Routinefall abweicht.

3. Bei einem unterdurchschnittlichen Umfang und einer durchschnittlichen Schwierigkeit, durchschnittlicher Bedeutung und deutlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Mandanten ist eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG angemessen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 12. Oktober 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06. Oktober 2009 - S 80 AS 1378/09 ER - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 238,00 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Gewährung laufender Leistungen nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich nach zweitägiger Verfahrensdauer durch den Erlass eines - auch im Kostenpunkt - zusprechenden Beschlusses erledigte. Streitig ist im vorliegenden Erinnerungsverfahren, in welcher Höhe die Verfahrensgebühr in die Berechnung des Gesamtvergütungsanspruches einzustellen ist.

Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg; im Übrigen bleibt sie erfolglos.

Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06. Oktober 2009 - S 80 AS 1378/09 ER - erhobene Erinnerung des Erinnerungsführers ist zulässig und teilweise begründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von lediglich 226,10 € festgesetzt. Die Kammer hält demgegenüber einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 238,00 € für kostenrechtlich angemessen.

1. Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2...

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