Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln. Höhe der Terminsgebühr bei Verhandlungsdauer von 15 Minuten
Orientierungssatz
1. Unbilligkeit der von einem Rechtsanwalt angesetzten Gebühr liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraumes objektiv nicht hinreichend beachtet.
2. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Für die Höhe der Verfahrens- und der Terminsgebühr sowie für die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr sind die Kriterien des § 14 RVG daher jeweils gesondert zu prüfen.
3. Die Terminsgebühr vor den Sozialgerichten ist in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen, wenn die Verhandlung 45 Minuten gedauert hat und Besonderheiten des Einzelfalles nicht hervorgetreten sind.
Tenor
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 21. Oktober 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 12. Oktober 2009 - S 22 SO 39/09 - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Betrag in Höhe von 571,20 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem im Wesentlichen um die Rechtmäßigkeit von Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) gestritten wurde und das sich durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches im Rahmen eines Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage, der insgesamt 15 Minuten andauerte und in dem insgesamt drei parallele Verfahren erörtert worden sind, unstreitig erledigte. Der Erinnerungsführer begehrt die Gewährung einer höheren Terminsgebühr, die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle jeweils nur in Höhe eines Betrages von 50,00 € in die Berechnung des Gesamtvergütungsanspruches eingestellt worden ist.
Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg; im Übrigen bleibt sie erfolglos.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln neben der Staatskasse, die als Erinnerungsgegner in zulässiger Weise Anschlusserinnerung erhoben hat, gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 12. Oktober 2009 - S 22 SO 39/09 - erhobene Erinnerung ist zulässig und teilweise begründet.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 511,70 € festgesetzt, insbesondere vermochte die Kammer der Festsetzung der Terminsgebühr in Höhe eines Betrags von jeweils lediglich 50,00 € nicht zu folgen. Die Kammer hält demgegenüber einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 571,20 € für angemessen. Dem kostenrechtlich angemessenen Gesamtvergütungsanspruch liegt dabei neben der antragsgemäß festgesetzten Verfahrens- und Einigungsgebühr eine Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 100,00 € (dazu unter 1.) zugrunde; die übrigen Positionen sind zwischen den Beteiligten nicht umstritten (dazu unter 2.).
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nic...