Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Rechtsanwaltsgebühr in einem Verfahren des Schwerbehindertenrechts

 

Orientierungssatz

1. Bei einem leicht unterdurchschnittlichen Umfang, einer durchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und einer leicht unterdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit in einem schwerbehindertenrechtlichen Klageverfahren ist die Zuerkennung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG etwas unterhalb der Mittelgebühr in Höhe von 220.- €. angemessen.

2. Wird der Rechtsstreit durch die Annahme eines Anerkenntnisses außerhalb einer mündlichen Verhandlung beendet, so ist bei der Höhe der hierdurch entstandenen fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium entstanden wäre. Eine Terminsgebühr in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr von 100.- €. erscheint angemessen.

 

Tenor

Die Erinnerung der Klägerin vom 27. Februar 2009 sowie die Erinnerung des Beklagten vom 12. März 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25. Februar 2009 - S 6 SB 40/08 - werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Erinnerungsverfahren noch um die Höhe der der Klägerin durch den Beklagten zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten eines schwerbehindertenrechtlichen Klageverfahrens. In diesem Verfahren stritten die Beteiligten um das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Das Verfahren endete nach einer Verfahrensdauer von etwa 6 Monaten durch die - außerhalb eines Termins zur mündlichen Verhandlung - erklärte Annahme eines von dem Beklagten abgegebenen vollständigen Anerkenntnisses.

Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Erinnerung auszulegende “Beschwerde„ der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25. Februar 2009 - S 6 SB 40/08 - ist zulässig, jedoch unbegründet. Gleiches gilt für die Erinnerung des Beklagten. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits im Ergebnis zutreffend auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 434,53 € festgesetzt.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.

Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.

Danach ist in die Berechnung eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 220,00 € (dazu unter 1.) und eine (fiktive) Terminsgebühr (dazu unter 2.) in Höhe eines Betrages von 1...

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