Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderungsrecht. Erstattung vorläufig im Rahmen der Gleichwohlgewährung gewährten Arbeitslosengeldes. Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches im Kündigungsschutzprozess
Orientierungssatz
1. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III als Rechtsgrundlage zur Erstattung auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachter Leistungen ist eine eigenständige öffentlich-rechtliche Erstattungsnorm und lex specialis zu § 50 SGB X.
2. Die Entscheidung über den Erstattungsanspruch nach § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III ist eine gebundene Entscheidung, die keine Ermessensausübung erfordert. Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte sind nicht zu prüfen, da die Vorläufigkeit der Entscheidung die Bildung schutzwürdigen Vertrauens verhindert.
3. Mit einer Bewilligung von Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III wandelt sich die zuvor nach § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III vorläufig erklärte Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht in eine vorbehaltlose Bewilligung um, da Anpassungsbescheide das Schicksal der Vorläufigkeit teilen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattungsforderung vorläufig geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 549,60 Euro für die Zeit vom 28. September bis 09. Oktober 2006.
Der G. geborene Kläger war seit dem 15. März 2006 als Verkaufsleiter bei der H. beschäftigt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis zum 27. September 2006 während der Probezeit. Der Kläger meldete sich mit Wirkung zum Folgetag arbeitslos.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 (Bl. 131 der Verwaltungsakte) vorläufig Arbeitslosengeld. Mit Schreiben vom 13. November 2006 (Bl. 140 bis 141 der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte gegenüber der Arbeitgeberin einen Anspruchsübergang nach § 143 Absatz 3 SGB III fest.
Der Kläger verklagte die Arbeitgeberin auf ausstehende Gehaltszahlungen für die Zeit von Juli bis September 2006. Dem gab das Arbeitsgericht I. mit Urteil vom 31. Mai 2007 teilweise statt (1 Ca 1461/06). Die Klage wurde hinsichtlich eines Urlaubsabgeltungsanspruches abgewiesen, da der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises nicht mitgeteilt habe, in welcher Höhe er Sozialleistungen erhalten habe. Dagegen legte der Kläger Berufung vor dem Landesarbeitsgericht J. ein (8 Sa 409/07).
Am 27. September 2007 schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Vergleich (1 Ca 676/07), in dem auf wechselseitige Ansprüche verzichtet wurde und erklärte die Berufung für erledigt.
Mit Bescheid vom 14. August 2008 (Bl. 234 der Verwaltungsakte) forderte die Beklagte die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 549,60 Euro für die Zeit vom 28. September bis 09. Oktober 2006 und begründete dies damit, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit wegen Urlaubsabgeltung ruhe. Auf eine Abgeltung habe der Kläger gegenüber der Arbeitgeberin verzichtet.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2008 zurück (Bl. 244 bis 248 der Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Kläger hätte nicht auf die Urlaubsabgeltung verzichten dürfen, weil der Anspruch auf die Beklagte übergegangen sei. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld habe geruht.
Dagegen hat der Kläger am 28. November 2008 Klage erhoben.
Er trägt vor:
Er habe dem Vergleich zugestimmt, um eine Widerklage abzuwehren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2008 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten.
Rechtsgrundlage der angegriffenen Bescheide ist § 328 Absatz 3 Satz 2 SGB III.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist eine vorherige Anhörung nach § 24 Absatz 1 SGB X nicht erforderlich (vgl. Niesel, Kommentar zum SGB III, § 328, Rd. 19).
Die Bescheide sind auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 328 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vor...