Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Kosten für eine Auslandsbestattung. fehlende Erforderlichkeit. Zumutbarkeit einer Beisetzung auf einem islamischen Friedhof im Inland. keine Verletzung der Religionsausübungsfreiheit
Orientierungssatz
Die Kosten einer Auslandsbestattung zählen nicht zu den erforderlichen Kosten iS des § 74 SGB 12. Dies betrifft insbesondere die Überführungs-, Transport- und Beisetzungskosten nach örtlichen Gepflogenheiten. Hier wäre dem Verstorbenen eine Beisetzung auf einem islamischen Friedhof in Deutschland möglich und zumutbar gewesen, so dass eine sozialhilferechtliche Erforderlichkeit der Beisetzung in der Türkei zu verneinen ist (vgl OVG Hamburg vom 21.2.1992 - Bf IV 44/90 = FEVS 43, 66).
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 16. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 verurteilt, der Klägerin die Beerdigungskosten ihres Ehemannes F. in Höhe von 757,79 Euro zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat der Klägerin 33 Prozent ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin erstrebt vom Beklagten die Übernahme von Beerdigungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe.
Am 01. August 2008 verstarb der Ehemann der Klägerin, Herr G., in Hamburg und wurde in der Türkei beigesetzt. Der Kläger bezog zuletzt Hilfe zum Lebensunterhalt, während die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende - erhielt.
Die Klägerin beantragte am 27. August 2008 die Übernahme der Beerdigungskosten. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16. September 2008 ab und begründete dies damit, dass eine Bestattung im Herkunftsland nicht zu den nach der Sozialhilfe erforderlichen Aufwendungen zähle. Die Flugkosten von 8.670,-- Euro hätten eine angemessene Beerdigung in Deutschland ermöglicht.
Dagegen legte die Klägerin am 16. Oktober 2008 Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die Trauergäste ihre Flüge selbst gezahlt hätten. Insgesamt sei für sie und ihre Familie ein Betrag von 2.088,-- Euro von Verwandten geliehen worden. Eine Bestattung in Deutschland wäre unüblich gewesen. Die Beisetzung im Familiengrab in der Türkei sei der letzte Wille des Verstorbenen gewesen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2009 zurück und führte zur Begründung an, dass nicht sämtliche Unterlagen vorgelegt worden seien. Reisekosten seien im Rahmen der Sozialhilfe nicht berücksichtigungsfähig.
Dagegen hat die Klägerin am 23. Februar 2009 Klage erhoben.
Sie trägt vor:
Eine Bestattung in Deutschland wäre grundsätzlich möglich gewesen. Der Transport der Leiche habe insgesamt 1.800,-- Euro betragen, der Transport in der Türkei und die Beerdigung je weitere 100,-- Euro. Die Kosten seien von geliehenem Geld getragen worden. Ein Zelt für die Trauerfeier habe etwa 500,-- Euro gekostet und die Beköstigung der Trauergemeinde etwa 1.000,-- Euro.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 zu verurteilen, der Klägerin die Beerdigungskosten ihres Ehemannes F. in Höhe von 2.300,79 Euro zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor:
Es könnten keine fiktiven Beerdigungskosten in Deutschland berücksichtigt werden. Er sei bereit, 100,-- Euro für die Beerdigung zu übernehmen.
Das Bestattungsunternehmen H. hat eine Rechnung der Beerdigungskosten über 2.300,79 Euro vorgelegt. Darin enthalten sind die Überführungskosten von Hamburg nach Istanbul von 700,-- Euro, der Überführungssarg von 600,-- Euro und Bestatterpauschalen 1 (475,-- Euro) und 2 (366,-- Euro). Die Pauschale 1 beinhaltet Sargzubehör in Höhe von 61,36 Euro Einkleiden, Einbetten und Einsargung von 76,69 Euro, Überführung bis 80 km von 91,15 Euro, Träger von 61,36 Euro, Beratung und Erledigung der Formalitäten von 76,69 Euro, Aufbahrung zur Trauerfeier 71,58 Euro, Verwaltungskosten von 38,35 Euro, Transportsarg inklusive Reinigung von 29,65 Euro und Sargschmuck von 38,35 Euro. Als Pauschale 2 werden erbracht für 150,-- Euro Leinentücher, Waschraumnutzung von 170,-- Euro, Imam für das Totengebet von 50,-- Euro.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat insoweit Erfolg, als die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Beerdigungskosten ihres Ehemannes in Höhe von 757,79 Euro hat. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierauf gemäß § 124 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verzichtet haben.
Der Bescheid des Beklagten vom 16. ...