Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Leistungsausschluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie. Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Prüfungspflicht
Orientierungssatz
1. Der Ausschluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte in dem für die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen ordnungsgemäßen Verfahren.
2. Eine Verpflichtung zur Überprüfung der getroffenen Entscheidung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen besteht nicht bereits dann, wenn in einem anderen Land eine bestimmte Behandlungsmethode in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen wird.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung ihrer rechten Hüfte.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung ihrer rechten Hüfte im September 1999. Die Beklagte ließ das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) vom 4. Oktober 1999 erstatten und lehnte nach dem negativen Votum des MDKN den Antrag mit Bescheid vom 5. Oktober 1999 ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch einen Widerspruchsbescheid zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Klage erhoben und begehrt nunmehr die Erstattung der Kosten, nachdem die Therapie - aus ihrer Sicht mit Erfolg - durchgeführt wurde. Sie macht geltend, der Ausschluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht rechtmäßig. Die Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sei fehlerhaft und nicht nachvollziehbar, da z. B. in Österreich die extrakorporale Stoßwellentherapie bei orthopädischen Leiden als Mittel der Wahl gelte und dort zur Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich zugelassen sei. Es könne auch nicht sein, dass die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit überprüft werden könnten, wie es das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen postuliere. Dies entspreche auch insoweit nicht der Realität, als das BSG selbst die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hinsichtlich der ICSI-Behandlung für rechtswidrig erklärt habe und die Sozialgerichte in zahlreichen Fällen entgegen der ausdrücklichen Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die Verordnung von Viagra zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung für rechtmäßig erachtet hätten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom (ohne Datum) aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die extrakorporale Stoßwellentherapie zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, sie habe nicht anders entscheiden können, als sie es getan habe, denn sie sei an die Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gebunden. Da dieser die extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung orthopädischer Leiden ausdrücklich ausgeschlossen habe, habe sie dem Antrag der Klägerin nicht stattgeben können. Ein Systemversagen, bei dem die Krankenkassen zur Zahlung trotz oder ohne Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen verpflichtet werden könnten, liege hier nicht vor.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die extrakorporale Stoßwellentherapie hat.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die ärztliche Behandlung. Soweit es sich jedoch um neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden handelt, dürfen diese nur unter den Bedingungen des § 135 Abs. 1 SGB V erbracht werden. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag einer kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben haben. Nach der seit 1997 ständigen Rechtsprechun...