Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des Grades der Behinderung bei Heilungsbewährung
Orientierungssatz
1. Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtgrad der Behinderung stellen keine wesentliche Änderung i. S. von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB 10 dar.
2. Eine Änderung der Verhältnisse liegt dann vor, wenn für die den anerkannten Behinderungen zugrunde liegenden Erkrankungen die sog. Heilungsbewährung abgelaufen ist. In diesem Fall liegt eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes im Eintritt der Heilungsbewährung durch Zeitablauf.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreites streiten um die Rechtmäßigkeit einer Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) und die Neubewertung der bei dem Kläger bestehenden dauernden Funktionsbeeinträchtigungen.
Bei dem 1945 geborenen, nicht mehr erwerbstätigen Kläger stellte das Versorgungsamt G. mit zuletzt bindend gewordenem Feststellungsbescheid vom 13. Oktober 1993 (Bl. 17 VA) einen GdB von 80 ab dem 01. Juni 1993 fest. Grundlage dieser Entscheidung war die Funktionsbeeinträchtigung im Zusammenhang mit dem Verlust des linken Hodens nach dem Auftreten eines Hodentumors.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 25. März 2003 einen formlosen Neufeststellungsantrag gestellt hatte (Bl. 28 VA), hörte die H. den Kläger mit Schreiben vom 11. Juni 2004 nach Einholung verschiedener medizinischer Unterlagen und Auswertung durch den Medizinischen Dienst (vgl. Stellungnahme vom 31. März 2004, Bl. 56 unten) den Kläger zur beabsichtigten Erteilung eines Aufhebungs- und Feststellungsbescheides an. Mit Schreiben vom 26. Juli 2004 (Bl. 59 VA) erließ sie sodann einen Aufhebungs- und Ablehnungsbescheid, wonach die mit Bescheid vom 13. Oktober 1993 getroffenen Feststellungen über den GdB aufgehoben werden und der Antrag auf Feststellung einer Behinderung abgelehnt wird. Zur Begründung wird ausgeführt, ein Feststellungsanspruch sei nicht gegeben, da die geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen nach Ablauf der Heilungsbewährung einen GdB von weniger als 20 bedingten, was sich auf die gutachtliche Stellungnahme des Versorgungsärztlichen Dienstes stütze. Hiergegen erhob der Kläger am 29. Juli 2004 Widerspruch, mit dem er zusätzlich das Merkzeichen “G„ begehrte. Zur Begründung führt er aus, das Versorgungsamt habe nicht berücksichtigt, dass der Krebsoperation eine Operation beider Hoden vorangegangen sei. Nach der Operation sei der verbliebene linke Hoden ständig entzündet. Auch die rechte Prothese bereite ständig Schmerzen und führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung beim Gehen und Sitzen. Ferner sei eine Entzündung beider Kniegelenke hinzugekommen wie auch Entzündungen im linken Ellenbogen und im rechten Daumengelenk.
Nach Einholung verschiedener medizinischer Unterlagen sowie der Erstattung eines versorgungsärztlichen Gutachtens des Orthopäden Dr. E. W. I. vom 12. März 2005 (Bl. 71 bis 79 VA) wies die H. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06. April 2005 (Bl. 80 VA) zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Mai 2005 bei dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben, die durch das Sozialgericht Hamburg wegen des zwischenzeitlichen Verzuges des Klägers in den Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Lüneburg mit Beschluss vom 26. August 2005 (Bl. 9 GA) an das Sozialgericht Lüneburg verwiesen hat.
Zur Begründung seines Begehrens führt der Kläger aus, die H. sei schon nicht zuständig gewesen. Auch habe sich der Gesundheitszustand über die orthopädischen Einschränkungen hinaus nicht verbessert. Es bestünden auch nach der Operation weiterhin erhebliche Gesundheitseinschränkungen. Die Hodenentfernung sei nämlich Folge einer Hodenbruchoperation in der Jugendzeit. Auch der zweite Hoden sei erheblich gefährdet und entzündet. Neben den fast ständigen Schmerzen und Bewegungsbeeinträchtigungen drohe auch der totale Zeugungsverlust.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vortrag (sinngemäß),
den Bescheid des Versorgungsamts G. vom 26. Juli 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 aufzuheben, soweit auch die Schwerbehinderteneigenschaft aberkannt wurde, und den Beklagten zu verpflichten, die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens “G„ ab dem 25. März 2003 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen, insbesondere diejenige im Klageverfahren vom 25. Oktober 2006 (Bl. 38 GA).
Das Gericht hat zur weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung folgende Unterlagen beigezogen: einen ärztlichen Bericht des Priv.-Doz. Dr. med. J. vom 03. Oktober 2006 (Bl. 34 GA), einen Befundbericht des Internisten und Rheumatologen Prof. Dr. med. K. vom 17. Februar 2007 (Bl. ...