Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten einer ambulanten Pflegeeinrichtung gegen die Veröffentlichung eines Transparenzberichts der Pflegekasse
Orientierungssatz
1. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 26. 6. 2002 beeinträchtigen marktbezogene Informationen des Staates den grundrechtlichen Gewährleistungsanspruch der betroffenen Wettbewerber aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht, sofern der Einfluss auf wettbewerbsrechtliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt.
2. Die inhaltliche Richtigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Information ist Voraussetzung dafür, dass sie die Transparenz am Markt und damit dessen Funktionsfähigkeit fördert. Dabei soll die Darstellung auf überschaubare Parameter beschränkt sein.
3. Zur Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung des Transparenzberichts für eine Einrichtung der ambulanten Pflege nach §§ 114, 115 SGB 11 ist die Einhaltung der quantitativen Vorgaben der Pflegetransparenzvereinbarung Ambulant (PTVA) entscheidend. Die Bewertung der Einzelkriterien über die Punkteskala begründet eine besondere Bewertungswirksamkeit von Pflegefehlern. Bei willkürlicher Festlegung der Prüfpersonenzahl ist die vom Gesetz geforderte Vergleichbarkeit und Verfahrensfairness nicht mehr gewährleistet.
Tenor
Die Antragsgegner werden im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Veröffentlichung des Transparenzberichts für die von der Antragstellerin betriebene Einrichtung in der am 17. Februar 2010 übermittelten Fassung - im Internet oder in sonstiger Form - und die Freigabe desselben an Dritte zum Zwecke der Veröffentlichung zu unterlassen, bis über den zugrundeliegenden vorbeugenden Unterlassungsanspruch bestands- oder rechtskräftig entschieden ist, längstens bis zum 31. Oktober 2010. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Der Streitwert wird auf EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichtes.
Sie betreibt eine Einrichtung der ambulanten Pflege in ... und betreut derzeit 60 Kunden. Es handelt sich um eine durch Versorgungsvertrag zugelassene Pflegeeinrichtung. Am 16. Dezember 2009 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) eine Regelprüfung der Einrichtung durch. Dabei prüften drei Pflegefachkräfte als Gutachter des MDK Leistungen für 5 Patienten. Sie erstellten einen Qualitätsprüfbericht, der mehrere Empfehlungen zur Beseitigung von Qualitätsdefiziten enthielt. Diesen erhielt die Antragstellerin am 30. Dezember 2009 zur Kenntnis. Hierzu nahm sie mit Schreiben vom 7. Januar 2010 Stellung. Sie führte aus, man habe die erste Auswertung bereits durchgeführt und viele Empfehlungen des MDK aufgenommen und in der Zwischenzeit bereits umgesetzt. Die Antragstellerin nahm zudem zu den einzelnen Prüfungspunkten Stellung und reichte weitere Unterlagen zum Beleg ein. Den vorläufigen Transparenzbericht konnte sie am 17. Februar 2010 auf elektronischem Wege einsehen. Im Qualitätsbereich "Pflegerische Leistung" erhielt die Einrichtung die Note 3,8 (ausreichend); im Bereich " Ärztlich verordnete pflegerische Leistung" wurde die Einrichtung mit 3,7 (ausreichend) benotet. In den Bereichen "Dienstleistung und Organisation" und "Befragung der Kunden" erhielt die Einrichtung jeweils die Note 1,0 (sehr gut). Das rechnerische Gesamtergebnis betrug 2,6 (befriedigend). In der E-Mail der DCS Pflege (Datenclearing-Stelle Pflege) hieß es, der Transparenzbericht werde spätestens 28 Tage nach dem ersten Entwurf veröffentlicht. Zudem erhielt die Antragstellerin die Gelegenheit zur Stellungnahme, zur Einreichung von Unterlagen und zur Einstellung eines Kommentars in den Transparenzbericht. Am 17. März 2010 machte die Antragstellerin Einwendungen geltend.
Die Antragstellerin hat am 18. März 2010 beim Sozialgericht Magdeburg um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie ist der Ansicht, die Veröffentlichung sei ein Realakt. Solle ein Verwaltungsakt vorliegen, sei das Schreiben vom 17. März 2010 als Widerspruch aufzufassen. Die PTVA seien verfassungswidrig, da der Gesetzgeber wegen des Wesentlichkeitsprinzips die Regelungen der Transparenzprüfung nicht delegieren dürfe. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich jedenfalls aus der fehlerhaften Anwendung der PTVA selbst. Die übersteigerten Anforderungen des MDK an die Dokumentation entsprächen nicht dem gesetzgeberischen Willen nach der Feststellung der Ergebnisqualität. Nachweise seien auch in anderer Form als durch Dokumentationen möglich. Außerdem liege eine Vielzahl von fehlerhaften Wertungen des MDK vor. Unterlagen seien nicht zur Kenntnis genommen worden. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf richtige Darstellung in der Öffentlichkeit. Einwendungen der Antragstellerin seien auf die Qualitätsbereiche 1 und 2 beschränkt. Zudem stelle die Bewertungssystematik einen u...