Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Bedarfsplanung für Pathologen. kein Verstoß gegen höherrangiges Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Auch die Fachärzte für Pathologie können Zulassungsbeschränkungen unterworfen sein, denn ihre Einbeziehung in die vertragsärztliche Bedarfsplanung ab 1.1.2013 ist rechtmäßig. Weder die überschaubare Größe der Facharztgruppe, noch der Umstand, dass sie regelmäßig Leistungen im Auftrag von anderen, bereits beplanten Vertragsärzten erbringen, schließt dies aus.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.03.2021; Aktenzeichen B 6 KA 3/20 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Klägerin zur vertragsärztlichen Versorgung.

Die 1964 geborene Klägerin ist Fachärztin für Pathologie und Direktorin des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums A. Sie beantragte mit Schreiben vom 17.3.2014, eingegangen bei dem Zulassungsausschuss am 20.3.2014, die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Fachärztin für Pathologie im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages mit Praxissitz in A. Sie kündigte an, sie werde erforderlichenfalls ihr Beschäftigungsverhältnis auf den Umfang reduzieren, der noch eine hälftige Zulassung möglich mache. Sie wisse zwar, dass ihr Antrag aufgrund der Bedarfsplanung abgelehnt werden müsse, bitte jedoch trotzdem um Bescheidung des Antrags, da sie die Vorschriften über die Bedarfsplanung für rechtswidrig halte.

Mit Beschluss vom 23.4.2014 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, bei Antragstellung seien bereits Zulassungsbeschränkungen für das beantragte Fachgebiet angeordnet gewesen. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe gemäß der 3. Versorgungsstandmitteilung für die vertragsärztliche Versorgung des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.1.2014 eine Überversorgung für das Fachgebiet Pathologie im Planungsbereich Sachsen-Anhalt im Umfang von 131,7% festgestellt. Deshalb sei der Planungsbereich Sachsen-Anhalt zum Zeitpunkt der Antragstellung für das Fachgebiet Pathologie gesperrt gewesen.

Gegen die ihr am 23.5.2014 zugestellte Entscheidung legte die Klägerin am 2.6.2014 beim Beklagten Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Bedarfsplanung im Fachbereich Pathologie sei rechtswidrig, denn sie greife in ihre vom Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Zulassungsbeschränkungen seien nur gerechtfertigt, wenn sie dem "Phänomen der angebotsinduzierten Nachfrage" entgegenwirkten und damit zur finanziellen Stabilität und zur Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen. Die Pathologen indes könnten diese Stabilität nicht durch steuernde Tätigkeit infrage stellen, weil sie ihre Leistungen nur nach Auftrag und Zuweisung erbrächten. Da aber bereits die zuweisenden Ärzte der Bedarfsplanung unterlägen, sei eine Planung der beauftragten Ärzte - also der Pathologen - nicht erforderlich. Geschehe dies gleichwohl, verstoße dies gegen Art. 12 Grundgesetz. Überdies fehle dem Gemeinsamen Bundesausschuss angesichts der Vorschrift in § 101 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Ermächtigung zur Festlegung einer Verhältniszahl, weil die Arztgruppe der Pathologen bundesweit die Anzahl von 1.000 nicht übersteige. Schließlich sei das Zahlenmaterial, dass der Bedarfsplanung zu Grunde gelegt werde, intransparent. Nicht einzusehen sei, warum für die Ermittlung der Verhältniszahl Einwohner/Fachärzte mit einem Zuschlag von 110% gearbeitet werde. Zudem fehle die Berücksichtigung eines Demografiefaktors.

Der Beklagte beteiligte den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen des Landes Sachsen-Anhalt (im Folgenden: Landesausschuss). Dieser teilte unter dem 11.8.2014 mit, die Pathologen seien zu Recht in die Bedarfsplanung einbezogen worden. § 101 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ermächtige den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), die der Bedarfsplanung unterliegenden Arztgruppen zu bestimmen und abzugrenzen; dies sei mit Beschluss vom 20.12.2012 in der neugefassten Bedarfsplanungsrichtlinie geschehen. In den "Tragenden Gründen" zu diesem Beschluss habe der GBA sowohl die Kriterien einer bedarfsgerechten Versorgung durch die Arztgruppe der Pathologen, als auch die Berechnung der Verhältniszahl aufgeführt sowie seine Motive für den Verzicht auf die Berücksichtigung eines Demografiefaktors bei dieser Facharztgruppe erläutert. Einen Zuschlag von 110% für die Ermittlung der Verhältniszahl gebe es - anders als die Klägerin meine - nicht. Der Wert 110% werde vielmehr gemäß § 101 Abs. 1 Satz 3 SGB V für die Ermittlung einer Überversorgung herangezogen.

Mit Beschluss vom 13.8.2014, der Klägerin am 26.1.2015 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Antrag auf Zulassung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) habe abgelehnt werde...

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