Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. keine Sonderbedarfszulassung zur Erbringung ausschließlich schlafmedizinischer Leistungen. Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“. keine Subspezialisierung. sozialgerichtliches Verfahren. kein Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses im nachfolgenden Klageverfahren eines erfolglosen Antrags auf (Sonder-)Bedarfszulassung im fachärztlichen Versorgungbereich wegen Zulassung im hausärztlichen Versorgungsbereich und befristeter Erbringung von Polysomnographie
Leitsatz (amtlich)
1. Bietet in einem wegen Zulassungsbeschränkungen gesperrten Planungsbereich kein Vertragsarzt die Leistungen einer Kardiorespiratorischen Polysomnographie (EBM-Geb-Nr 30901, juris: EBM-Ä 2008) an, kann die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unter Errichtung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes nicht darauf gestützt werden, dass ein qualifikationsbezogener oder lokaler Sonderbedarf besteht, auch wenn der Zulassungsbewerber beantragt, seine Zulassung ausschließlich auf die Erbringung schlafmedizinischer Leistungen in einem ambulanten Schlaflabor zu beschränken.
2. Die ärztliche Zusatzbezeichnung "Schlafmedizin" eröffnet keine Subspezialisierung, welche die Annahme eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs rechtfertigen könnte. Die Berücksichtigung einer Zusatzbezeichnung kommt in diesem Zusammenhang nur dann in Betracht, wenn die Spezialisierung gemessen am zeitlichen und qualitativen Umfang der absolvierten Zusatz-Weiterbildung solch einer Qualifikation gleichsteht, die für den Erwerb einer fachärztlichen Schwerpunktkompetenz erforderlich ist.
3. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht infolge der Neufassung der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt (WBO 2020) nach Anpassung an die Muster-WBO der Bundesärztekammer (juris: ÄMWeitBiO).
4. Ein erfolgloser Antrag eines Facharztes für Innere Medizin auf (Sonder-)Bedarfszulassung im fachärztlichen Versorgungsbereich verliert mit Blick auf die Zulässigkeit des nachfolgenden Klageverfahrens nicht dadurch das Rechtschutzbedürfnis, dass er - aus seiner Sicht hilfsweise - antragsgemäß im hausärztlichen Versorgungsbereich zugelassen und ihm - gestützt auf § 73 Abs 1a S 2 SGB V - wegen der Versorgungslücke eine befristete Genehmigung zur Erbringung der Polysomnographie erteilt worden ist. Ein insoweit zeitlich später gefasster Beschluss des Zulassungsausschusses ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Der Kläger zu 1. und der Kläger zu 2. tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 11., die ihre Kosten selbst tragen.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren in den verbundenen Klagen jeweils unter Bezugnahme auf die Deckung eines Sonderbedarfs hinsichtlich der Leistungen der „Schlafmedizin“ die Änderung ihrer im Laufe des Verfahrens erteilten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Beide Kläger sind seit 2020 als niedergelassene Vertragsärzte in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in der Stadt W zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Kläger zu 1. ist in fachärztlicher Versorgung als Facharzt für Nervenheilkunde mit einem hälftigen Versorgungsauftrag tätig (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.06.2020). Der Kläger zu 2. ist Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, jedoch ausdrücklich in der hausärztlichen Versorgung mit einem vollen Versorgungsauftrag zugelassen (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.07.2020). Beide besitzen die ärztliche Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“. Ihre Praxis firmiert unter der Bezeichnung „I“; sie bieten Leistungen bezüglich schlafbezogener Atmungsstörungen an (insbesondere Polygraphie, Polysomnographie).
Bereits vor ihrer Niederlassung in der Stadt W hatten die Kläger am 12.08.2019 beim Zulassungsausschuss ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beantragt und hierfür den Ausnahmetatbestand eines lokalen und eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs für „Schlafmedizin“ angeführt. Zu diesem Zeitpunkt waren beide Kläger noch an der C der Universitätsmedizin B1 im Interdisziplinären schlafmedizinischen Zentrum beschäftigt. Der Kläger zu 2. war zudem bei der Poliklinik des A-Krankenhauses in B1 angestellt.
Die Kläger trugen vor, in der Region D-R, Stadt W und B2 gebe es kein ambulantes Schlaflabor, welches schlafmedizinische Leistungen, insbesondere eine Polysomnographie, anbieten könne. Zwar würden einzelne Vertragsärzte ambulante Polygraphien erbringen, jedoch fehle eine ambulante Möglichkeit, z. B. Schlafapnoe-Patienten auf eine PAP-(Masken-) Therapie oder eine NIV-Therapie (Nicht invasive Ventilationstherapie) mit Kontrolle und Analyse der Blutgaswerte einzustellen. Auch weitere Diagnostik, die etwa wegen einer Narkolepsie im Rahmen der Schlafmedizin erforderlich sei, werde im Planungsbereich nicht ambulant angeboten.
Der Zulassungsausschuss ermittelte mit Blick auf den Antrag des Klägers zu 1. aus der Versorgun...