Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgeldanspruch der Kinder bei Aufenthalt in temporärer Bedarfsgemeinschaft zur Wahrnehmung des Umgangsrechts. Aufenthaltsdauer. keine Berücksichtigung des Kindeseinkommens bei Nichtweiterleitung an den umgangsberechtigten Elternteil
Leitsatz (amtlich)
1. Eine temporäre Bedarfsgemeinschaft besteht auch an Tagen, an denen sich das Kind weniger als zwölf Stunden bei dem umgangsberechtigten Elternteil aufhält, wenn die Aufenthaltsdauer dort jedenfalls länger ist als bei dem anderen Elternteil.
2. An den anderen Elternteil ausgezahlte Sozialleistungen sind im Rahmen der temporären Bedarfsgemeinschaft nur dann als Einkommen des Kindes anspruchsmindernd anzurechnen, wenn sie an den umgangsberechtigten Elternteil weitergeleitet werden und dem Kind daher während des Besuchsaufenthalts als "bereite Mittel" zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stehen.
Tenor
1. Der Änderungsbescheid vom 02.06.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 08.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2007 und in der Fassung des Änderungsbescheids vom 09.10.2007 wird abgeändert und der Beklagte wird verurteilt den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 346,50 € für den Monat Juli 2007, in Höhe von 27,72 € für den Monat August 2007 und in Höhe von 138,60 € für den Monat September 2007 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu ¾ zu erstatten.
Tatbestand
Die Klage ist zuletzt noch auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.09.2007 unter Berücksichtigung einer temporären Bedarfsgemeinschaft gerichtet.
Die am ...1976 geborene Klägerin zu 1) und der am ...1973 geborene Kläger zu 2) sind Partner in einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Sie stehen seit Jahren bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die am ...2001 geborene Klägerin zu 3) und die am ...1998 geborene Klägerin zu 4) sind die Kinder der Klägerin zu 1) und entstammen deren geschiedener Ehe mit Herr A G. Die Klägerinnen zu 3) und zu 4) leben überwiegend bei ihrem Vater, halten sich aber im Rahmen der zwischen den geschiedenen Ehegatten vereinbarten Umgangsregelung auch regelmäßig bei den Klägern zu 1) und zu 2) auf.
Mit Änderungsbescheid vom 02.06.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) und zu 2) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von monatlich insgesamt 839,20 €. Bei der Festsetzung hatte der Beklagte die Regelleistungen der Kläger zu 1) und zu 2) von jeweils 312 € sowie die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten von 455,20 € als Bedarf berücksichtigt; anspruchsmindernd hatte er das um die gesetzlichen Absetzbeträge bereinigte Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1) von 240 € angesetzt. Leistungen für die Klägerinnen zu 3) und zu 4) wurden nicht bewilligt.
Hiergegen legten die Kläger am 02.07.2007 Widerspruch ein. Sie machten geltend, der Beklagte habe den Klägerinnen zu 3) und zu 4) für die Zeiten, in denen sie sich im Haushalt der Kläger zu 1) und zu 2) aufhielten, Grundsicherungsleistungen zu erbringen. Dem Widerspruch war ein Schreiben von Herrn G. beigefügt, in dem dieser erklärte, für die Zeiten des Aufenthaltes der Kinder bei seiner geschiedenen Ehefrau nicht zur Zahlung von Unterhalt bereit zu sein, da hierfür keine rechtliche Verpflichtung bestehe.
Mit Änderungsbescheid vom 08.08.2007 setzte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen der Kläger zu 1) und zu 2) für den Monat September 2007 vorläufig neu auf insgesamt 751,20 € fest; hierbei hatte sie das neu hinzugekommene Erwerbseinkommen des Klägers zu 2) in Höhe von vorläufig 88 € angesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2007 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung war angegeben, für die Klägerinnen zu 3) und zu 4) seien auch nach den Grundsätzen über die temporäre Bedarfsgemeinschaft keine Grundsicherungsleistungen zu gewähren. Aus zuvor beim Sozialgericht Mainz geführten Eilverfahren (Az.: S 7 ER 79/07 AS und S 7 ER 124/07 AS) sei bekannt, dass für die Klägerinnen zu 3) und zu 4) Kindergeld und Unterhaltsvorschuss in Höhe von jeweils insgesamt 324 € gezahlt werde. Die Klägerinnen zu 3) und zu 4) verfügten daher über ausreichende finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt während ihrer Aufenthalte bei ihrer Mutter zu bestreiten.
Mit Änderungsbescheid vom 09.10.2007 setzte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen der Kläger zu 1) und zu 2) für den Monat September 2007 endgültig auf insgesamt 624,80 € fest; dabei war nunmehr Erwerbseinkommen des Klägers zu 2) in Höhe von 214,40 € (um die gesetzlichen Absetzbeträge bereinigt) angesetzt.
Bereits am 28.08.2007 haben die Kläger die vorliegende Klage unter dem Aktenzeichen S 3 AS 502/07 erhoben. Das Gericht hat das Verfahren auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 26.09.2008 aufgrund des Revisio...