Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Nachteilsausgleich gem § 69 Abs 4 SGB 9. Feststellung gesundheitlicher Merkmale: Zuerkennung des Merkzeichens "aG". Benutzung eines Behindertenparkplatzes
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung des Merkzeichens "aG" bei schwerbehinderten Personen, die beim Ein- und Aussteigen aus dem Pkw zwar eine weit geöffnete Wagentür benötigen, aber die den in Abschnitt II Nr 1 zu § 46 Abs 1 S 1 Nr 11 StVOVwV genannten Gruppen von schwerst gehbehinderten Menschen nicht gleichzustellen sind.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Über das Teil-Anerkenntnis vom 11. Januar 2012 hinaus sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Frage, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) vorliegen.
Bei der 1961 geborenen Klägerin wurden mit zuletzt bindend gewordenem Bescheid vom 22. Juni 2009 als Ausführungsbescheid zum Urteil des Sozialgerichts Mainz (SG) vom 07. Mai 2009 (Az.: S 8 SB 133/07) durch das Amt für soziale Angelegenheiten Mainz (AsA) ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festgestellt, wobei die Behinderungen wie folgt bewertet und bezeichnet wurden:
1. Harnblasenoperation mit Anlage einer künstlichen Harnableitung über die Bauchdecke mit Inkontinenz (Einzel-GdB = 60).
2. Schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nach mikrochirurgischer Bandscheibenoperation im HWS-Bereich, operative Spondylodese im LWS-Bereich sowie nach verheilten Brustwirbelfrakturen (EinzelGdB = 30).
3. Reizmagen (Einzel-GdB = 10).
4. Vegetative Dystonie (Einzel-GdB = 10).
5. Kniegelenkschaden beiderseits, Polyarthralgien (Einzel-GdB = 10).
Die Klägerin stellte im Februar 2010 einen Änderungsantrag beim AsA M... mit dem Ziel der Feststellung eines höheren GdB und des Merkzeichens "aG". Sie gab an, dass sich die Beschwerden an der Harnblase, der Wirbelsäule, dem Reizmagen und dem Knie verschlimmert hätten. Neu hinzugekommen seien Beschwerden am Ellenbogen. Eine Kohabitation sei ihr unmöglich. Die Klägerin legte hierzu zahlreiche Befundunterlagen vor. Im Einzelnen berief sie sich ua auf folgende medizinische Unterlagen: Arztbrief des U. des S., Klinik für Urologie und Kinderurologie; ärztliches Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung durch den Urologen Dr. G.; ärztliches Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung durch den Orthopäden Dr. G.; Entlassungsbericht des Universitätsklinikums ..., Urologische Klinik und Poliklinik; verschiedene Arztbriefe des Städtischen Klinikums N., Abteilung für Urologie; Gutachten des Städtischen Klinikums N., Abteilung für Urologie und ein Arztbrief des St. J., Wirbelsäulenzentrum.
Nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme wurde der Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. April 2010 durch das AsA M. abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der GdB weiterhin mit 70 zu bewerten sei und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorlägen. Die Schmerzen bei der Kohabitation seien bereits unter Ziff 1 mitberücksichtigt. Die Behinderungen wurden erneut wie folgt festgestellt:
1. Harnblasenoperation mit Anlage einer künstlichen Harnableitung über die Bauchdecke mit Inkontinenz (Einzel-GdB = 60).
2. Schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nach mikrochirurgischer Bandscheibenoperation im HWS-Bereich, operative Spondylodese im LWS-Bereich sowie nach verheilten Brustwirbelfrakturen (Einzel-GdB = 30).
3. Reizmagen (Einzel-GdB = 10).
4. Vegetative Dystonie (Einzel-GdB = 10).
5. Kniegelenkschaden beiderseits, Polyarthralgien (Einzel-GdB = 10).
Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin dahingehend, dass die bereits anerkannten Leiden nicht ausreichend berücksichtigt worden seien und insbesondere fehlerhaft die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht angenommen worden seien. Zur Begründung legte sie wiederum verschiedene Arztberichte vor: Arztbrief des Radiologen Dr. V.; Arztbrief der Universitätsmedizin ..., Zentrum für muskuloskeletale Chirurgie; Arztbrief des Radiologischen Instituts K.; Untersuchungsberichte des MVZ für Laboratoriumsmedizin ... und eine Ambulanzkarte der Universitätsklinik ....
Nach der Einholung eines Befundberichts bei der die Klägerin behandelnden Frauenärztin K. vom 29. Juni 2010 und dem Eingang weiterer ärztlicher Befundunterlagen wurde der Widerspruch auf die gutachtliche Stellungnahme vom 30. September 2010 mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2010 durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zurückgewiesen. Die Behinderungen wurden wie folgt neu bezeichnet und bewertet:
1. Harnblasenoperation mit Anlage einer künstlichen Harnableitung über die Bauchdecke mit Inkontinenz (Einzel-GdB = 60).
2. Schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nach mikrochirurgischer Bandscheibenoperation im Halswirbelsäulenbereich, operative Spondylodese im Le...