Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. MDK-Prüfung auf Veranlassung der Krankenkasse. Verweildauer medizinisch nicht begründet. keine Minderung des Abrechnungsbetrags. Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB 5 ist zu zahlen. Berufung auf Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nachträglich unzulässig. Geltendmachung von Prozesszinsen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist zu zahlen, wenn die Verweildauer medizinisch nicht begründet war aber sich der Abrechnungsbetrag für Krankenhausbehandlung hierdurch nicht ändert. Dies ergibt sich aus den Verweildauerkorridoren der Fallpauschalen.
2. Die Krankenkasse kann sich nicht nachträglich darauf berufen, die Prüfung durch den MDK habe der sachlich-rechnerischen Richtigkeit gegolten, wenn der MDK auf Veranlassung der Krankenkasse in der Prüfanzeige mitteilt, dass es sich um eine Prüfung nach § 275 SGB V handele. Die Krankenkasse ist an den von ihr bestimmten Charakter des Prüfauftrags gebunden.
Orientierungssatz
1. Ein von einem Krankenhaus geltend gemachter Zinsanspruch kann nicht auf Vereinbarungen oder sonstige Regelungen zum Anspruch auf Vergütung für erbrachte Leistungen gestützt werden, da die Aufwandspauschale kein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers ist (vgl zuletzt BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R). Ein Krankenhaus kann allein Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs 1 S 2 BGB geltend machen.
2. Der erhöhte Zinssatz nach §§ 291 S 2, 288 Abs 2 BGB greift beim Anspruch auf Aufwandspauschale nicht ein (vgl auch LSG Mainz vom 6.8.2009 - L 5 KR 149/08, SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14).
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, 300 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2014 an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 300,-- EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c SGB V.
Die Klägerin hat der Beklagten für die Krankenhausbehandlung ihres Versicherten R.N. wegen Vorhofflimmern (ICD-10 I48.11) in der Zeit vom 11. bis 14. Dezember 2012 am 19. Dezember 2012 8.326,42 Euro in Rechnung gestellt. Maßgebliche DRG war F50B, Prozeduren waren u.a. OPS 1-274.3, 8-835.30, 8-835.33. Die Beklagte überwies diese Summe an die Klägerin, leitete aber eine Prüfung gemäß § 275 Abs. 1c des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, wie der MDK der Klägerin in der Prüfanzeige vom 14. Januar 2013 unter Bezugnahme auf § 275 Abs. 1c SGB V mitteilte. Im Prüfgutachten vom 24. Januar 2013 kam der MDK zum Ergebnis, dass die Verweildauer des Versicherten einen Tag hätte kürzer sein können. Dies ändere am Rechnungsbetrag jedoch nichts. Die Klägerin stellte der Beklagten mit Schreiben vom 28. Januar 2013 die Aufwandspauschale in Rechnung. Mit Schreiben vom 28. Januar 2013 verweigerte die Beklagte die Zahlung, da es sich nachweislich um eine fehlerhafte Rechnung gehandelt habe. Die Klägerin mahnte die Zahlung mit Schreiben vom 7. Juli 2014 an.
Die Klägerin erhob am 16. Oktober 2014 Klage.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, Euro 300 zuzüglich zwei von Hundert über dem jeweiligen Zinssatz Zinsen hieraus seit dem 16. Oktober 2014 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragte schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, es habe sich nicht um eine Prüfung nach § 275c Abs. 1 c SGB V sondern um eine sachlich-rechnerische Prüfung gehandelt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Klägerin ihr nicht mitgeteilt habe, warum eine stationäre und nicht ambulante Behandlung erfolgt sei.
Die Verwaltungsakte legte die Beklagte dem Gericht trotz Aufforderung nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte in der Sache trotz entschuldigten Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da es in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte, nach Lage der Akten entscheiden, wenn in einem Termin keiner der Beteiligten erscheint oder beim Ausbleiben von Beteiligten die erschienenen Beteiligten es beantragen (§ 126 SGG). Die Klägerin hat einen solchen Antrag gestellt.
Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, da ein Streit im Gleichordnungsverhältnis vorliegt.
Die Klage ist auch begründet.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der begehrten Aufwandspauschale ist § 275 Abs. 1c Satz 3SGB V. § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V bestimmt: “Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten.„ Die in Bezug genommene Prüfung ist in den Sätzen 1 und 2 des Absatz...