Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs 4 KHG. Zulässigkeitsvoraussetzung für Klagen auf Vergütung von Krankenhausbehandlungen. Verfahrensaussetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Klagen, mit denen Krankenhausträger nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1c SGB 5 eine streitig gebliebene Vergütung fordern, sind unzulässig, wenn vor Klageerhebung kein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4 KHG durchgeführt wurde und der Wert der Forderung 2.000 Euro nicht übersteigt (§ 17c Abs 4b S 3 KHG).
2. Ein obiter dictum des BSG ändert nichts am geltenden Recht. Wenn der Gesetzgeber ein Anzeigeverfahren hätte vorsehen wollen, hätte er es geregelt. Wenn sich politische Argumente im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen, ist dem Gesetz zu folgen, auch wenn es unliebsam erscheint.
3. § 17c Abs 4b S 3 KHG verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Orientierungssatz
1. Zu Leitsatz 2 vgl BSG vom 8.10.2014 - B 3 KR 7/14 R = SozR 4-5560 § 17c Nr 2.
2. Zur Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs 2 S 1 SGG.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 421,41 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die weitere Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 421,41 Euro.
Die Klägerin ist eine öffentliche Stiftung des Privatrechts und Trägerin des für die Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten zugelassenen D. Krankenhauses in B.
Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin H.S. befand sich nach notfallmäßiger Aufnahme vom 19.08.2013 bis zum 20.08.2013 zur stationären Krankenhausbehandlung im Krankenhaus der Klägerin.
Am 04.09.2013 stellte die Klägerin der Beklagten für diese Behandlung u.a. die DRG-Fallpauschale F69A mit einem Abschlag bei Grenzverweildauerunterschreitung in Höhe von 1.605,08 Euro in Rechnung.
Die Beklagte beauftragte den MDK mit der Begutachtung des Falls. Dieser kam aufgrund einer Begehung mit gutachterlicher Stellungnahme vom 06.01.2014 zu dem Ergebnis, dass anstelle der Hauptdiagnose I35.2 (Aortenklappenstenose mit Insuffizienz) die Hauptdiagnose I20.0 (Instabile Angina pectoris) zu kodieren sei, was zur Abrechnung der DRG-Fallpauschale F72B führe.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12.11.2013 mit, dass sie lediglich eine Zahlung in Höhe von 1.183,67 Euro leiste, die unstreitig der zu vergütenden DRG-Fallpauschale F72B entspricht. Die Zahlung ging am Folgetag bei der Klägerin ein.
Nach Widerspruch der Klägerin beauftragte die Beklagte den MDK mit der erneuten Begutachtung. Das Zweitgutachten vom 06.01.2014 bestätigte das Erstgutachten. Dies teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2014 mit.
Die aus der Rechnung verbleibenden 421,41 Euro zahlte die Beklagte nicht.
Die Klägerin hat am 10.10.2014 Klage erhoben.
Sie hält die Klage für zulässig, da ein Schlichtungsverfahren nach § 17c KHG mangels Schlichtungsausschuss nicht durchgeführt werden könne. Insoweit bleibe mangels anderer Rechtsschutzmöglichkeiten auch bei einem Streitwert von unter 2.000 Euro für die Klägerin nur die Möglichkeit, das Sozialgericht zur Klärung anzurufen. Andernfalls sei sie rechtlos gestellt. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.10.2014 (B 3 KR 7/14 R) werde verwiesen.
Zur Begründetheit führt sie aus, dass die Hauptdiagnose I35.2 zu Recht kodiert worden sei. Bei der Patientin sei eine hochgradige Aortenklappenstenose bekannt, mit einer Klappenöffnungsfläche von 0,2 Quadratzentimetern. Bei massiver linksventikulärer Hypertophie und nachgewiesener simultaner Peak to Peak Gradient von 0,55 mmHg. Die thorakale Schmerzsituation habe ihre Ursache in dem Klappenvitium bei entsprechender Belastung und nicht in einer stenosierenden Koronararterienskleose. Aus diesem Grund sei das Klappenvitium die führende Diagnose.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 421,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.09.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage auch nach der Entscheidung des BSG vom 08.10.2014 nicht ohne weiteres als zulässig anzusehen sein dürfte. Aus dem veröffentlichten Terminbericht lasse sich entnehmen, dass der Senat der Ansicht sei, die Sperre des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG greife “wegen der unverzichtbaren Klarheit über den gegebenen Rechtsweg„ erst dann, wenn die Schiedsstelle oder die Schlichtungsausschüsse den zuständigen Verbänden und Gesellschaften verbindlich angezeigt hätten, welches Gremium die Schlichtung durchführe und dass es tatsächlich handlungsunfähig sei. Derzeit sehe die Beklagte weiterhin das Gericht gemäß Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes an die Regelung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG gebunden, die der Zulässigkeit vom Regelungsbereich erfasster Klagen derzeit entgegenstehe. In der mündlichen Verhandlung hat sie zu be...