Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. Wirksamkeit der Meldeaufforderung. Bestimmung der Fortwirkung der Meldeaufforderung für den Fall des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit. fehlende Benennung eines Zwecks für die Fortwirkung der Meldeaufforderung. fehlende Rechtsfolgenbelehrung für die Fortwirkung bzw Versäumung des Ersatztermins nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III wirkt sich die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsfähigkeit fort, wenn die Agentur für Arbeit dies in der Meldeaufforderung bestimmt. Gemäß § 59 SGB II, welcher ohne Einschränkung auf § 309 SGB III verweist, ist auch diese Regelung im Geltungsbereich des SGB II anzuwenden, wobei das Jobcenter an die Stelle der Agentur für Arbeit tritt. Das Jobcenter wird hiermit ermächtigt, die Meldeaufforderung auf den ersten Werktag nach Ende der Arbeitsunfähigkeit fortwirken zu lassen.
2. Hierbei handelt es sich nach wie vor um eine Meldeaufforderung im Sinne der §§ 39 SGB II, 309 SGB III, so dass diese nur zu den in § 309 Abs. 2 SGB III genannten Zwecken erfolgen darf. Der mit dem Fortwirken der Meldeaufforderung verfolgte Zweck ist mindestens stichwortartig zu benennen. Dies ist nicht dadurch getan, dass für den ursprünglichen Termin eine Zweckbestimmung und -benennung erfolgte.
3. Zu den Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung bei Fortwirken der Meldeaufforderung nach § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III.
Tenor
1. Der Bescheid vom 4.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2012 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte erstattet dem Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen die Verhängung einer Sanktion.
Der Kläger bezieht laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.
Mit Einladungsschreiben vom 11.1.2012 forderte der Beklage den Kläger auf, am Dienstag, den 17. Januar 2012 um 10:15 Uhr im Raum 1.09 zu erscheinen, um mit einer Sachbearbeiterin über das Bewerbungsangebot des Klägers und dessen berufliche Situation zu sprechen. Der Beklagte führte in dem Schreiben weiter aus, dass der Kläger, sollte er am genannten Termin arbeitsunfähig erkrankt sein, am ersten Tag erscheinen solle, an dem er wieder arbeitsfähig sei. In dem Falle, dass dies ein Tag sei, an dem das Jobcenter nicht dienstbereit sei (z.B. Samstag, Sonntag, Feiertag), solle der Kläger am folgenden Werktag persönlich beim Jobcenter vorsprechen. Der Beklagte wies weiter darauf hin, dass, wenn der Kläger ohne wichtigen Grund dieser Einladung nicht folge leisten würde, sein Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld in Höhe von 10 Prozent des für ihn nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde.
Vom 6.1.2012 bis zum 2.3.2012 war der Kläger arbeitsunfähig. Er erschien nicht zum Termin am 17.1.2012 und sprach auch nicht nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit beim Beklagten vor.
Mit Schreiben vom 9.3.2012 hörte der Beklagte den Kläger an und teilte ihm mit, dass er zu einem Meldetermin am 17.1.2012 eingeladen worden sei. Er sei außerdem darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass im Falle einer Arbeitsunfähigkeit die Einladung auf den ersten Tag nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit fortwirke. Auf Grund einer nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit vom 6.1.2012 bis zum 2.3.2012 habe der Kläger zum Meldetermin am 17.1.2012 nicht erscheinen können. Er habe sich aber am 5.3.2012 (erster Werktag nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit) unaufgefordert persönlich melden müssen. Trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen sei der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen. Nach bisherigem Stand seien keine Gründe erkennbar, die das Nichterscheinen rechtfertigen könnten.
Mit Bewilligungsbescheid vom 5.4.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seinen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.4.2012 bis zum 30.9.2012. Auf den Kläger entfielen für den Zeitraum vom 1.5.2012 bis zum 31.7.2012 Leistungen in Höhe von insgesamt 470,52 € (322,52 € Regelbedarf und 148 € Kosten für Unterkunft und Heizung) monatlich.
Mit Bescheid vom 4.4.2012 stellte der Beklagte für die Zeit vom 1.5.2012 bis zum 31.7.2012 eine Minderung seines Arbeitslosengeldes II um monatlich 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs fest. Daraus ergebe sich eine Minderung in Höhe von 33,70 € monatlich. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 5.3.2012 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei. Er habe trotz Aufforderung keine Gründe angegeben, die sein Verhalten erklären und als wichtige Gründe im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14.4.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er sich ungerecht behandelt fühle. Auch wenn es sich vorerst nur um eine geringe Summe h...