Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anfall einer Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ohne mündliche Verhandlung

 

Orientierungssatz

Eine Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RVG fällt auch an, wenn die Parteien im sozialgerichtlichen Verfahren einen außergerichtlichen Vergleich schließen, so dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Erinnerungsführer vom Erinnerungsgegner zu erstattenden anwaltlichen Gebühren.

In dem Rechtsstreit S 7 SB 1100/07 stritten die Beteiligten wegen der Feststellung des Grades der Behinderung nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Mit Schreiben vom 27. Februar 2009 unterbreitete der Erinnerungsgegner ein Vergleichsangebot, welches eine Erstattung von außergerichtlichen Kosten zu einem Drittel vorsah. Dieses Vergleichsangebot nahm der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 18. März 2009 an.

Mit Schreiben vom 18. März 2009 bezifferte der Bevollmächtigte des Erinnerungsführers gegenüber dem Erinnerungsgegner die Kosten seiner Tätigkeit und setzte dabei für das Klageverfahren Verfahrens-, Termins- und Erledigungsgebühr einschließlich Post-, Telekommunikations- und Dokumentenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 268,12 Euro an. Der Erinnerungsgegner erstattete 188,81 Euro (Schreiben vom 21. April 2009). Mit Schriftsatz vom 24. April 2009 beantragte der Erinnerungsführer außergerichtliche Kosten in Höhe von 268,12 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragstellung festzusetzen. Mit weiterem Schreiben vom 23. Juni 2009 erklärte der Erinnerungsführer, dass auf Grund der erstatteten 188,81 Euro nunmehr noch eine offene Erstattungsforderung von 79,31 Euro zuzüglich Zinsen verbleibe.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08. Februar 2010 hat die Kostenbeamtin die dem Erinnerungsführer vom Erinnerungsgegner zu zahlende Vergütung auf 188,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 27. April 2009 festgesetzt. Dabei hat sie jeweils zu einem Drittel Folgendes zu Grunde gelegt: für das Klageverfahren eine Verfahrensgebühr von 250,- Euro zuzüglich einer Einigungsgebühr von 190,- Euro sowie eine Auslagenpauschale von 20,- Euro, Kopien in Höhe von 16,-- Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 90,44 Euro.

Mit Schriftsatz vom 09. Februar 2010 hat der Erinnerungsführer daraufhin das Gericht angerufen. Auch die Terminsgebühr sei angefallen und einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer und Zinsen zu erstatten.

Im Wesentlichen weist er darauf hin, es sei Wille des Gesetzgebers, die Gerichte durch die Honorierung schriftlich geschlossener Vergleiche zu entlasten. Es sei widersprüchlich, wenn bei gerichtskostenpflichtigen Verfahren ein schriftlicher Vergleichsabschluss mit der Terminsgebühr honoriert werde, bei gerichtskostenfreien Verfahren jedoch nicht.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung am 11. Februar 2010 nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 7 SB 1100/07 sowie S 7 SB 554/10 KE Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zulässig und begründet. Die dem Erinnerungsführer zu erstattenden außergerichtlichen Kosten waren antragsgemäß festzusetzen. Der Erinnerung war dementsprechend abzuhelfen.

Nach Rechtsauffassung der Kammer war vorliegend auch die Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen.

In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen die Gebühren sich nach dem Gegenstandswert richten, entsteht eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG u.a. dann, wenn in einem Verfahren, für das grundsätzlich die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. In Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, soll die Terminsgebühr hingegen nach dem Wortlaut des Vergütungsverzeichnisses zum RVG Nr. 3106 nur entstehen, wenn in dem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, wenn durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder wenn das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Der schriftliche Vergleich ist hier nicht aufgeführt. Hierbei kann es sich aber nach Überzeugung der Kammer nur um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln. Zwar wirkt der außergerichtliche Vergleich im sozialgerichtlichen Verfahren strenggenommen nicht prozessbeendigend, allerdings ist die Prozessbeendigung in der Regel - wie auch hier - gleichzeitig durch eine Erledigungserklärung im Rahmen des Vergleichs gegeben. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, eine Terminsgebühr bei Annahme eines Anerkenntnisses (§ 101 SGG) anzuerkennen und nicht für eine übereinstimmende Erledigungserklärung im Rahmen eines Vergleich...

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