Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion einer beantragten zahnärztlichen Leistung. Kostenübernahme von Zahnersatz über den Festzuschuss hinaus
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten gestellten Leistungsantrags nach § 13 Abs. 3a SGB 5 hat u. a. einen fiktionsfähigen Antrag für eine Leistung zur Voraussetzung, die der Versicherte für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.
2. Bei Zahnersatz ist die Kostenübernahme über den Festzuschuss hinaus nur in eng begrenzten Ausnahmefällen nach § 55 Abs. 2 SGB 5 möglich; sie ist jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Sinn und Zweck eines Kostenvoranschlags ist immer auch, Erstattungsansprüche gegenüber der Versicherung, Beihilfestelle oder Krankenkasse abzuklären.
3. Hat der Antragsteller klar zu erkennen gegeben, dass er von dem Eigenanteil befreit werden möchte, welche Behandlung durchgeführt werden soll und wie hoch der Eigenanteil prognostisch sein wird, so ist bei Überschreitung der Bescheidungsfrist die Krankenkasse verpflichtet, die Kosten der dem vorgelegten Heil- und Kostenplan zugrundeliegenden Zahnersatzbehandlung zu übernehmen.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2017 verurteilt, die Kosten der dem Heil- und Kostenplan vom 02.03.2016 zugrundeliegenden Zahnersatzbehandlung zu übernehmen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme der Kosten für Zahnersatz über den Festzuschuss hinaus nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die am … 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.
Aus dem Heil- und Kostenplan vom 02.03.2016 (eingegangen bei der Beklagten am 04.03.2016) von der Zahnärztin ... geht hervor, dass bei der Klägerin eine Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese durchzuführen wäre. Die Gesamtkosten würden sich auf 3.834,31 € belaufen, sodass abzüglich des Festzuschusses von 1.084,24 € der voraussichtliche Eigenanteil der Klägerin 2.750,07 € betragen würde. Mit Schreiben vom 02.03.2016 (eingegangen bei der Beklagten am 07.03.2016) wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Aufgrund des Verlustes eines Zahnes bat sie die Beklagte zu prüfen, inwieweit ihr ein Zahnersatz bezahlt werden könne. Sie habe bereits in den letzten Jahren sehr viel Geld für den Zahnersatz aufbringen müssen, da sie aufgrund einer Chemotherapie Probleme mit den Zähnen gehabt hätte. Der jetzige Zahnersatz würde ca. 2.700 € an Eigenanteil kosten. Es könne doch nicht sein, dass sie als ehemalige Bestrahlungspatientin alle paar Jahre so viel Geld für ihre Zähne aufbringen müsse. Sie bat um Prüfung.
Mit Bescheid vom 31.03.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin den Festzuschuss, woraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 02.04.2016 die Beklagte an die Beantwortung ihrer ursprünglichen Frage erinnerte.
Mit Bescheid vom 02.05.2016 wiederholte die Beklagte ihre Bereitschaft für die zahnprothetische Versorgung der Klägerin nach dem Heil- und Kostenplan einen Festzuschuss i.H.v. 1.084,24 € zu zahlen. Ein weiterer Anspruch auf Übernahme des verbliebenen Eigenanteils i.H.v. 2.750,07 € bestehe nicht. Der gemeinsame Bundesausschuss hätte die entsprechenden Zuschussbeiträge festgelegt. Das Vorbringen der Klägerin, dass die Zahnschädigungen durch die Strahlenbehandlung nach Krebserkrankung verursacht worden sei, würde keine weitergehende Kostenübernahme rechtfertigen.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.05.2016 Widerspruch ein. Es liege bei ihr ein sogenannter Härtefall vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ergänzend trug sie vor, dass auch kein Härtefall aus wirtschaftlichen Gründen bei der Klägerin vorliegen würde.
Mit ihrer am 01.03.2017 vor dem Sozialgericht Mannheim erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, dass aufgrund der verspäteten Bearbeitung ihres Antrags dieser nach der Genehmigungsfiktion als genehmigt gelte.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 02.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr den verbleibenden Eigenanteil für die Versorgung mit Zahnersatz i.H.v. 2.750,07 € antragsgemäß zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die getroffene Entscheidung für zutreffend und verweist auf ihre Ausführungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens.
Die Kammer hat die Beteiligten auf ihre Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
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