Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bzw einer Klage gegen Honorarrückforderungsbescheid durch Kassenärztliche Vereinigung
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bzw einer Klage gegen einen Rückforderungsbescheid (hier: sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung eines angestellten Arztes im Rahmen eines sog Job-Sharings in Höhe von insgesamt 142.084,79 € für die Quartale I/09 bis III/10 ) ist unzulässig, wenn der Antragsteller eine Tilgungsvereinbarung (hier: Ratenzahlung in Höhe von 13.900 € im Quartal) abgeschlossen hat.
Tenor
1. Die Verfahren zu Az.: S 12 KA 691/11 ER und S 12 KA 704/11 ER werden unter dem führenden Az.: S 12 KA 691/11 ER miteinander verbunden.
2. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 18.08.2011 und 25.08.2011 werden abgelehnt.
3. Der Antragssteller hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
4. Der Streitwert wird für das Verfahren zu Az.: S 12 KA 691/11 ER auf 20.035,55 €, für das Verfahren zu Az.: S 12 KA 704/11 ER auf 15.485,65 € und für die verbundenen Verfahren auf 35.521,20 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Anordnungsverfahren um die aufschiebende Wirkung von Klage bzw. Widerspruch gegen eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung eines angestellten Arztes im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von noch 80.142,20 € und 61.942,59 € (insgesamt: 142.084,79 €) für die Quartale I/09 bis III/10 (1. und 2. Leistungsjahr).
Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) ist als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 16.12.2008 wurde dem Kläger die Beschäftigung des Herrn Dr. med. C., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie als ganztags angestellter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der vier vorausgegangenen Quartale (III/07 bis II/08) ein quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für den Kläger nach Beschäftigung des angestellten Praxisarztes als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt festgelegt.
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Jahresquartal |
Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr |
I |
1.585.343,54 |
II |
1.806.328,83 |
III |
1.446.252,19 |
IV |
1.980.468,39 |
Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Der Kläger unterzeichnete am 01.11.2010 einen Berechnungsbogen/Erklärung zum Job-Sharing - gemäß § 101 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB V. Diese Erklärung enthielt folgende Gesamtpunktzahlvolumen, die dann durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.01.2011, ausgefertigt am 13.05.2011, festgesetzt wurden:
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Jahresquartal |
Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr |
I |
1.694.221,5 |
II |
1.881,819,4 |
III |
1.605.640,7 |
IV |
2.211.883,0 |
Die Job-Sharing-Praxis wurde zum 30.09.2009 durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.09.2010 beendet.
Die Antragsgegnerin und Beklagte (im Folgenden: Beklagte) setzte das Honorar der klägerischen Praxis in den Quartalen I bis IV/09 wie folgt fest:
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Quartal |
I/09 |
II/09 |
III/09 |
IV/09 |
Honorarbescheid vom |
20.07.2009 |
11.10.2009 |
23.12.2009 |
27.03.2010 |
Nettohonorar gesamt in € |
73.967,94 |
99.904,50 |
112.835,47 |
117.975,95 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
70.109,17 |
98.907,20 |
113.216,12 |
120.594,38 |
Fallzahl PK + EK |
1.287 |
1.507 |
1.514 |
1.453 |
Regelleistungsvolumen in € |
18.793,90 |
20.712,17 |
23.457,28 |
22.056,62 |
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (AMG) in € |
45.004,45 |
70.799,57 |
80.355,90 |
88.874,41 |
Mit Bescheid vom 04.11.2010 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale I bis IV/09 - 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 95.677,76 € (99.272,41 € abzüglich anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 3.594,65 €) zurück.
Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, unmittelbar nach der Genehmigung des Job-Sharings habe der Zulassungsausschuss der Verlegung in das Medizinische Zentrum am D. zugestimmt. Die Anzahl der ambulanten Operationen habe gesteigert werden können, da die Operationen jetzt im gleichen Haus durchgeführt werden könnten. Aufgrund der grundlegenden Änderungen der Gebührenordnung und der mangelnden Information der Beklagten sei ein internes Controlling nicht möglich gewesen.
Gleichzeitig beantragte der Kläger ferner den Abschluss einer Tilgungsvereinbarung und die Aufhebung der Vollzieh...