Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Facharzt für Chirurgie. Widerruf der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie. Nichterfüllung der Mindestanforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Widerrufs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Facharzt für Chirurgie kann die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie widerrufen werden, wenn er die in der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 24.7.2006 festgelegten Mindestanforderungen bzgl der jährlich durchzuführenden Koloskopien wiederholt nicht erfüllt. Zeiträume, in denen die Anforderungen nicht erfüllt wurden und die vor Inkrafttreten der neuen Qualitätssicherungsvereinbarung liegen, sind weiterhin zu berücksichtigen.

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung ist nicht zu beanstanden, wenn der Vertragsarzt seit über 4 ½ Jahren nicht den Nachweis für die Mindestzahl an Koloskopien erbracht hat.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 06.08.2009 wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.667,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht Marburg unter dem Az. S 12 KA 495/09 anhängigen Klage gegen die Anordnung eines Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung.

Der Antragsteller ist als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt in der Klinik Rotes Kreuz in EZ.. Er ist nach eigenen Angaben seit 1988 ununterbrochen berechtigt, Leistungen der kurativen Koloskopie zu erbringen. Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 11.07.2003 erneut die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie (Nr. 760, 764 bis 775 EBM) rückwirkend zum 01.10.2002 aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die Genehmigung erteilte sie mit der Auflage, dass die festgelegten Mindestanforderungen bzgl. der jährlich durchzuführenden Koloskopie erfüllt werden und dass der Antragsteller an den Maßnahmen zur Überprüfung der jährlichen Hygienequalität erfolgreich teilnehme. Die Genehmigung könne widerrufen werden, falls die bei der Erteilung zugrundeliegenden Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien oder nachträglich entfielen. Ferner bleibe der Widerruf für den Fall vorbehalten, dass die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.

Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller unter Datum vom 12.04.2005 mit, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt. Könne der Nachweis nach Ablauf von folgenden 12 Monaten erneut nicht geführt werden, werde die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen widerrufen.

Die Antragsgegnerin bat den Antragsteller unter Datum vom 03.07.2007 unter Hinweis auf die Nachweispflicht um die Einreichung der Unterlagen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 22.10.2007.

Der Antragsteller erklärte unter Datum vom 19.11.2007, das Schreiben vom 03.07.2007 habe er nie erhalten. Er habe in den letzten 12 Monaten 209 Koloskopien durchgeführt, davon 91 ambulant (GKV und privat) und 118 stationär (GKV plus privat). Dabei seien mindestens 18 Polypen bzw. Tumore entdeckt und entsprechend behandelt worden. Beiliegend reiche er einige Fälle ein, dokumentiert durch Bild, Histologie oder beides mit der Bitte um Zurücksendung nach Abschluss der Prüfung.

Die Koloskopie-Kommission kam in ihrer Sitzung am 09.04.2008 zu dem Ergebnis, der Antragsteller habe die Dokumentation von 13 Koloskopien eingereicht. Er solle gebeten werden, die Dokumentation der von ihm genannten 209 durchgeführten Koloskopien einzureichen. Hierauf forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, die Nachweise einzureichen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 25.06.2008. Daraufhin reichte der Antragsteller Unterlagen ein, die die Antragsgegnerin wiederum der Koloskopie-Kommission zur Prüfung vorlegte.

Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 26.08.2008 die mit Bescheid vom 11.07.2003 erteilte Abrechnungsgenehmigung, da der Antragsteller die Auflagen gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie in der Fassung vom 24.07.2006 nicht nachgewiesen habe. Die von ihm eingereichten Unterlagen hätten 89 Befundberichte enthalten, in denen eine hohe Koloskopie beschrieben worden sei. Bei 56 dieser Befundberichte habe die Bilddokumentation vollständig gefehlt. Bei den vorhandenen Bilddokumentationen sei nicht immer der Coecalpol eindeutig erkennbar gewesen. Diese Fälle seien jedoch als Fälle mit vorhandener Bilddokumentation gewertet worden. In nur einem einz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge