Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Klagebefugnis. Verpflichtung der Gesellschafter zur Vorlage selbstschuldnerischer Bürgschaften

 

Leitsatz (amtlich)

Ist Adressat der Verpflichtung zur Vorlage einer Bürgschaftserklärung das MVZ selbst und nicht die Gesellschafter, so werden die Rechte der Gesellschafter nicht unmittelbar betroffen. Eine Klage der Gesellschafter neben der Gesellschaft selbst ist jedenfalls dann unzulässig, wenn Rechtsschutz bereits durch die Gesellschaft selbst eingeholt werden kann.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Erledigung des Rechtsstreits und die Kostentragung in einem Verfahren, in dem die Beteiligten ursprünglich um die Feststellung, dass die Klägerin als Gesellschafterin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) keine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung abzugeben hat, gestritten haben.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH. Sie ist eine von zwei Gesellschaftern der C., A-Stadt, die seit 01.01.2006 als MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.

Der beklagte Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab mit Beschluss vom 30.01.2007 (Beschlussausfertigung am 02.04.2007) dem Antrag der C. auf Übernahme eines Vertragsarztsitzes in E-Stadt statt. Am Ende der Begründung heißt es, die Zulassung des MVZ sei zu widerrufen, sofern die gem. § 95 Abs. 2 SGB V erforderliche selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses vorgelegt werde.

Gegen den Beschluss legte die C. am 23.04.2007 Widerspruch ein. Sie wandte sich gegen die Befristung der Nachbesetzung und die Befristung der Einstellung eines weiteren Arztes bei Reduktion der Arbeitszeit sowie gegen die Aufforderung zur Vorlage einer Bürgschaftserklärung, da das MVZ vor dem 01.01.2007 gegründet worden sei. Die nachträgliche Forderung nach einer Bürgschaft stelle einen enteignungsgleichen Eingriff dar.

Die Beigeladene zu 1) teilte mit Schriftsatz vom 18.06.2007 mit, dass sich die Notwendigkeit zur Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärung nicht nur für MVZ ergebe, die nach dem 01.01.2007 gegründet worden seien. Die Forderung stelle ein milderes Mittel im Vergleich zur Zulassungsentziehung dar.

Mit Beschluss vom 20.06.2007, ausgefertigt am 11.09.2007, änderte der Berufungsausschuss die Frist zur Nachbesetzung auf sechs Monate ab. Ferner bestimmte er, dass die übrigen Bestimmungen des angefochtenen Beschlusses unverändert blieben; den Widerspruch wies er insoweit zurück. Zur Begründung führte er u. a. aus, der Widerspruch sei zulässig. Ein Widerspruch sei auch dann möglich, wenn die angegriffene Regelung sich nicht in der Tenorierung des angefochtenen Verwaltungsaktes unmittelbar befinde, sondern lediglich in der Begründung desselben. Dies gelte für die im Beschluss ausgesprochene Verpflichtung zur Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft. Diese Nebenbestimmung sei zulässig. Dem Gesetzgeber sei es unbenommen, für die Gründung von MVZ neue Gründungsvoraussetzungen zu schaffen, die bei Inkrafttreten Wirkung auch für bereits gegründete MVZ gelten würden. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X könne bei einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Von daher bestünden keine Bedenken, bei Schaffung neuer Gründungsvoraussetzungen diese auch für bereits in Betrieb befindliche MVZ zu fordern. Wenn statt der Aufhebung der Genehmigung mit der Möglichkeit eines Neuantrags eine Auflage mit Widerrufsvorbehalt gewählt werde, begegne dies keinen rechtlichen Bedenken.

Der beklagte Zulassungsausschuss gab ferner mit Beschluss vom 24.04.2007 (Beschlussausfertigung am 29.05.2007) dem Antrag des C. auf Bestellung des Herrn Dr. D. zum ärztlichen Leiter statt. Die Genehmigung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung der Gesellschafter bis 05.06.2007 vorgelegt werde. Mit weiterem Beschluss vom 24.04.2007 (Beschlussausfertigung am 29.05.2007) stellte der beklagte Zulassungsausschuss fest, dass die Gemeinschaftspraxis F. als Mitgesellschafter in das C. eintrete. Auch diese Genehmigung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung der Gesellschafter bis 05.06.2007 vorgelegt werde. Gegen beide Beschlüsse läuft ein Widerspruchsverfahren.

Bereits unter Datum vom 02.04.2007 hatte der beklagte Zulassungsausschuss das C. zur Einreichung einer selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärung der Gesellschafter binnen zwei Monaten verlang...

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