Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung, Verfahrensrecht. Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer Leistungsklage. Geltendmachung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch aus § 193 SGG kann nicht im Wege der Leistungsklage, sondern ausschließlich im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG durchgesetzt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht im Wege der Leistungsklage einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte geltend.
Die 1991 geborene Klägerin bezog in der Vergangenheit Arbeitslosengeld von der Beklagten. Mit Urteil vom 01.02.2016 verurteilte die erkennende Kammer die Beklagte in diesem Zusammenhang - unter Klageabweisung im Übrigen - zur Zahlung und gab ihr die Erstattung von 3/4 der der Klägerin in dem Verfahren S 2 AL 32/14 entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten auf. In der Folgezeit bezifferte die Klägerin ihren diesbezüglichen Kostenerstattungsanspruch und forderte die Beklagte zur Zahlung von 774,16 Euro auf. Letztere erhob Einwände gegen die Höhe der Anwaltskosten und erklärte im Übrigen die Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von insgesamt 471,63 Euro. Daraufhin reichte die Klägerin die Kostennote ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.03.2016 in dem Verfahren S 2 AL 32/14 ein und beantragte sinngemäß die gerichtliche Kostenfestsetzung. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.07.2016 wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten jenes Verfahrens auf 622,43 Euro festgesetzt.
Bereits am 06.04.2016 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und die Freistellung von dem Vergütungsanspruch ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 774,16 Euro begehrt. Sie habe die anwaltliche Gebührenrechnung für die Vertretung im Vorprozess noch nicht beglichen und sei daher einer entsprechenden Forderung ausgesetzt. Eine Aufrechnung scheide mangels Gleichartigkeit der Ansprüche aus. Im Hinblick auf den gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.07.2016 hat die Klägerin ihre Klageforderung entsprechend reduziert.
Nach einer Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 176,78 Euro beantragt die Klägerin nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von dem Vergütungsanspruch ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 445,95 Euro aus der Rechtsanwaltsgebührenrechnung Nr. 370-2016 vom 08.03.2016 bzw. des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Sozialgerichts Marburg, Az.: S 2 AL 32/14, freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Aufrechnung wirksam sei.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Vorprozesses und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte den Rechtsstreit gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der vorliegende Fall geht nicht über den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad eines sozialgerichtlichen Verfahrens hinaus und es ist nicht zu erwarten, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung neue tatsächliche Gesichtspunkte ergeben könnte. Das Gericht hat seine vorläufige Einschätzung der Rechtslage bereits durch einen schriftlichen rechtlichen Hinweis vom 14.11.2016 und durch die Ablehnung der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 28.11.2016 offenbart. Die Beteiligten wurden mit richterlicher Verfügung vom 13.12.2016 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Innerhalb der - inzwischen verstrichenen - Frist zur Stellungnahme hat sich nur die Beklagte gemeldet und ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Klage ist bereits unzulässig. Der Klägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Rechtsverfolgung im Wege der Leistungsklage.
Für die von der Klägerin begehrte Titulierung ihres prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beklagte bedarf es keines neuen Erkenntnisverfahrens. Denn ihr steht mit dem gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.07.2016 bereits ein ohne weiteres im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbarer Vollstreckungstitel zu (siehe § 199 Abs. 1 Nr. 4 SGG).
Aber auch ehe das Gericht seinen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.07.2016 erlassen hatte, kam eine Durchsetzung des streitgegenständlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der allgemeinen Leistungsklage von vornherein nicht in Betracht. Denn dieser Anspruch beruht - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht auf § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Rechtsgrundlage ist vielmeh...