Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Landwirtin. Bezug von Überbrückungsgeld. Befreiung von der Versicherungspflicht
Orientierungssatz
Überbrückungsgeld nach § 57 SGB 3 ist als Erwerbsersatzeinkommen iS von § 3 Abs 1 Nr 1, Abs 4 S 1 und Abs 4 S 2 Nr 2 ALG anzusehen (Anschluss an SG Dresden vom 19.5.2005 - S 18 LW 9/04). Wegen seines Bezugs zu einer konkreten, selbständigen Erwerbstätigkeit weist das Überbrückungsgeld eine besondere Vergleichbarkeit mit tatsächlichem Arbeitseinkommen auf. Durch den Bezug solchen Einkommens ist der Befreiungstatbestand nach § 3 Abs 1 Nr 1 ALG erfüllt.
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG für die Zeit vom 01.09.2003 bis 29.02.2004 zu befreien.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin bei der Beklagten für den Zeitraum 01.09.2003 - 29.02.2004 (sechs Monate) wegen des Bezugs von Überbrückungsgeld.
Die 1967 geborene und jetzt 38-jährige Klägerin wurde in der Vergangenheit verschiedentlich wegen Überschreitens der Einkommensgrenze und der Erziehung von Kindern von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit. Zuletzt wurde sie mit Bescheid vom 05.02.2003 für die Zeit ab 01.10.2002 wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen befreit, ferner mit Bescheid vom 29.03.2004 für die Zeit ab 01.10.1996 (bis 30.09.2002). Die Klägerin bezog bis zum 31.08.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von 321,72 Euro wöchentlich.
Mit Bescheid vom 07.07.2004 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin für die Zeit ab 01.09.2003 fest und hob die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht zum gleichen Zeitpunkt auf. Als monatlichen Beitrag für das Jahr 2003 setzte sie den Betrag von 198,00 €, für das Jahr 2004 in Höhe von 201,00 € fest. Die Klägerin übersandte daraufhin am 15.07.2004 einen Nachweis über das Erwerbseinkommen ab dem 01.03.2004 und kündigte an, Nachweise für die Zeit davor nachzureichen. Sie reichte dann den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11.08.2004 ein, nach dem sie Überbrückungsgeld in der Zeit vom 01.09.2003 bis zum 29.02.2004 in Höhe von monatlich 2.323,28 € erhalten hatte. Sie trug vor, Überbrückungsgeld zähle steuerrechtlich zu den Lohnersatzleistungen.
Mit Bescheid vom 20.08.2004 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag ab, weil Unterhaltsgeld eine Förderung der Existenzgründung beinhalte und somit nicht unter den sozialrechtlichen Begriff der Lohnersatzleistung falle.
Hiergegen legte die Klägerin am 07.09.2004 Widerspruch ein. Sie trug vor, bis Ende August habe sie Arbeitslosengeld erhalten. Ab September sei sie Geschäftsführerin einer GmbH und beziehe ab dem 01. März 2004 aus dieser Tätigkeit ein Gehalt. Für die Übergangszeit habe ihr das Arbeitsamt für 6 Monate ein Überbrückungsgeld gezahlt. Dieses errechne sich aus dem theoretischen Arbeitslosengeld zuzüglich eines Zuschlags von 70 v. H. für die Sozialversicherung, da sie sich freiwillig kranken- und rentenversichern müsse. Der Basisbetrag habe auf keinen Fall eine Ausgleichs- und Entschädigungsfunktion. Der Lohnersatzcharakter für den Übergang in die Selbständigkeit stehe im Vordergrund und solle die Anlaufschwierigkeiten überbrücken. Im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe werde das Überbrückungsgeld leistungsorientiert gewährt und besitze daher Lohnersatzcharakter.
Die Beklagte verwies gegenüber der Klägerin auf zahlreiche SG- und LSG-Entscheidungen, die eine Befreiung wegen des Bezugs von Überbrückungsgeld nach dem SGB III verneint hätten. Das neueste Urteil stamme vom LSG Brandenburg mit Datum vom 21.01.2004, Az.: L 2 LW 1/03.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Überbrückungsgeld sei ebenso wie Arbeitslosenhilfe, bei der das Bundessozialgericht bereits den Fürsorge-Charakter bestätigt habe, nicht zu zahlen, wenn anderweitiges Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stehe, so dass dieses dann nicht erforderlich sei. Es setze wie Arbeitslosenhilfe Bedürftigkeit voraus und solle ein zu niedriges Einkommen ergänzen. Es handele sich damit nicht um Erwerbsersatzeinkommen, sondern um eine Leistung mit fürsorglichem Charakter, wie auch der Arbeitslosenhilfe oder der Sozialhilfe. Der Bezug des Überbrückungsgeldes führe deshalb zu keiner Befreiung von der Versicherungspflicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.10.2004 im Wesentlichen unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor, die Entscheidung des LSG Brandenburg betreffe einen Sachverhalt im Jahr 1999 und sei damit nach einer Rechtslage zu beurteilen gewesen, die sich inzwischen mehrfach geändert habe. Das Überbrückungsgeld sei wegen der von ihr gewollten und von der Arbeitsverwaltung befürworteten Statusänderung ohne Unterbrec...