Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Plausibilitätsprüfung. Abrechnungsfehler. Hochrechnung. Katarakt-Operation. Kombinationsnarkose mit Maske

 

Leitsatz (amtlich)

1. Macht der Vertragsarzt ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der betroffenen Leistungen deutlich und sind alle Fälle gleichgelagert, kann davon ausgegangen werden, dass die aufgedeckten Abrechnungsfehler in sämtlichen streitbefangenen Quartalen vorhanden sind und kann deshalb das aus Prüfung von exemplarischen Fällen gewonnene Ergebnis auf die übrigen Fälle, auch in weiteren Quartalen, hochgerechnet werden (vgl LSG Essen vom 17.2.2015 - L 11 KA 82/14 B ER). Es sind aber die Leistungen, deren Abrechnung in Konsequenz der fehlerhaften Abrechnung unterblieben ist, zuzusetzen (hier: neben Nr 31831 EBM auch Nr 31820 EBM (juris: EBM-Ä 2008)).

2. Die Verwendung einer einfachen Plastikmaske zur Gabe von Sauerstoff, die über die Nase gestülpt und mit einem Gummizug am Kopf befestigt wird, erfüllt jedenfalls im Zusammenhang mit Katarakt-Operationen nach Nr 31351 EBM nicht das Tatbestandsmerkmal "Kombinationsnarkose mit Maske" iSd Leistungslegende nach Nr 31822 EBM.

 

Orientierungssatz

Az beim LSG Darmstadt: L 4 KA 3/16

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.07.2020; Aktenzeichen B 6 KA 24/19 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 07.03.2013 und vom 22.08.2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014, verurteilt, in all denjenigen Fällen, in denen sie die Nr. 31822 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt und in die Nr. 31831 EBM umgewandelt hat, darüber hinaus die Nr. 31820 EBM jeweils einmal im Behandlungsfall zuzusetzen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat 3/4, die Beklagte hat 1/4 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die 14 Quartale III/08 bis IV/11 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung in Höhe von 117.947,23 € und hierbei insb. um die Frage, ob für eine Anästhesieleistung bei Katarakt-Operationen auch im Regelfall die Leistung nach Nr. 31822 EBM (Anästhesie und/oder Narkose) oder die Leistung nach Nr. 31831 EBM (Einleitung und Unterhaltung einer Analgesie und/oder Sedierung) abgerechnet werden kann.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Anästhesie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Seit April 2013 arbeitet sie als angestellte Ärztin bei einem anderen Anästhesisten.

In den Quartalen I/08 bis IV/11 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:

Quartal

I/08   

II/08 

III/08

IV/08 

Honorarbescheid v.

10.07.2008

27.10.2008

12.01.2009

30.03.2009

Bruttohonorar gesamt in €

20.787,99

27.629,21

46.214,54

45.158,59

Quartal

I/09   

II/09 

III/09

IV/09 

Honorarbescheid v.

20.07.2009

11.10.2009

23.12.2009

27.03.2010

Nettohonorar gesamt in €

61.839,16

56.099,76

35.008,96

50.694,93

Quartal

I/10   

II/10 

III/10

IV/10 

Honorarbescheid v.

29.06.2010

27.09.2010

28.12.2010

03.03.2011

Nettohonorar gesamt in €

57.979,52

51.624,38

30.407,40

34.737,60

Quartal

I/11   

II/11 

III/11

IV/11 

Honorarbescheid v.

29.06.2010

27.09.2010

28.12.2010

03.03.2011

Nettohonorar gesamt in €

30.644,36

31.726,08

23.350,03

16.385,23

Die Beklagte führte zunächst für die Quartale I/08 bis IV/08 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 16.05.2012 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile. Sie bat insb. um Stellungnahme zur regelhaft abgerechneten Nr. 31822 EBM.

Die Klägerin trug mit E-Mail vom 10.06.2012 vor, die Plausibilitätszeit von 53 Minuten für die Vollnarkose nach Nr. 31822 EBM sei in ihrem Fall unrealistisch, da ihre Ophthalmochirurgen den Eingriff häufig in ca. 10 Minuten erledigten. Keine Abrechnungsbestimmung verlange von ihr, den Patienten dann weitere 40 Minuten schlafen zu lassen. Die abgerechnete Narkose sei im Anhang zum EBM der Operation fest zugeordnet. In allen Fällen im Rahmen der Kataraktchirurgie habe sie eine Kombinationsnarkose nach den Bedingungen des EBM durchgeführt. Auf Anfrage der Beklagten reichte die Klägerin ferner die Narkoseprotokolle (17) eines Beispieltages (30.09.2008) ein.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 13.02.2013 im Rahmen der zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung der Praxis der Klägerin für die zwei Quartale III und IV/08 die Honorarbescheide für diese Quartale auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 20.036,58 € netto. Im Einzelnen setzte sie folgende Honorarrückforderungen fest:

Quartal

Kürzungsbetrag in € netto

III/08

11.506,63

IV/08 

8.529,95

gesamt

20.036,58

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.01.2015 gegenüber dem Gericht klargestellt, dass für das Quartal IV/08 der aus der Anlage ers...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge