Entscheidungsstichwort (Thema)
Plausibilitätsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Vergütung von Anästhesieleistungen des Vertragsarztes nach Nr. 31822 EBM
Orientierungssatz
1. Zur Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit durch die Kassenärztliche Vereinigung nach § 106a SGB 5 gehört u. a. die arztbezogene Plausibilitätsprüfung der Abrechnungen, deren Gegenstand insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Vertragsarztes ist. Zur Beurteilung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, ist es zulässig, sog. Tagesprofile zu verwenden. Dabei sind die im EBM festgelegten Prüfzeiten zugrunde zu legen.
2. Für die Abrechnung nach Nr. 31822 EBM - Anästhesieleistung bei Katarakt-Operationen - kommt es entscheidend auf die vollständige Erfüllung der Leistungslegende an. Ergeben die Ermittlungen der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. des Sozialgerichts, dass der Vertragsarzt die Leistungen, wie sie in der Abrechnungssammelerklärung abgerechnet wurden, tatsächlich erbracht hat, so sind sie vollständig zu vergüten.
3. Die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Leistung oder der Leistungsmenge ist der Plausibilitätsprüfung fremd.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu zahlen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die Quartale I/08 bis IV/08 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung in Höhe von 56.458,99 €. Streitig ist insbesondere die Frage, ob für eine Anästhesieleistung bei Katarakt-Operationen im Regelfall die Leistung nach Nr. 31822 EBM (Anästhesie und/oder Narkose) abgerechnet werden kann und ob diese Leistung auch unterhalb der festgelegten Prüfzeiten noch ordnungsgemäß ausgeführt werden kann.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Anästhesie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den Quartalen I/08 bis IV/11 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
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Quartal |
I/08 |
II/08 |
III/08 |
IV/08 |
Honorarbescheid v. |
09.07.2008 |
27.10.2008 |
20.01.2009 |
31.03.2009 |
Honorar in € |
105.994,27 |
131.308,66 |
110.577,52 |
88.131,11 |
Im Jahr 2012 führte sie eine Plausibilitätsprüfung durch, übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 15.05.2012 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für die Quartale I/2008 bis IV/2008 unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile und bat um eine schriftliche Stellungnahme, insbesondere auch zu der regelhaft abgerechneten GOP 31822 EBM.
Mit Schreiben vom 21.05.2012 führte die Klägerin aus, dass die ermittelten Zeitprofile von mehr als 15 Stunden am Tag stets die OP- Tage bei dem Kataraktchirurgen Dr. D. beträfen. Die von der Beklagten ermittelten Spitzentage seien darauf zurückzuführen, dass an manchen Tagen die Anwesenheit in der Taunusklinik erforderlich sei und dort ebenfalls Narkosen für den dortigen Augenarzt durchgeführt worden seien. An diesen Tagen ließe es sich nicht vermeiden, dass sie für zwei Operateure sowohl vormittags, als auch nachmittags zum Einsatz komme. Aus den Narkoseprotokollen sei ersichtlich, dass an solchen Operationstagen eine hohe Anzahl an Operationen stattfinde. Diese hochspezialisierten Abläufe mit sehr kurzen Wechselzeiten zwischen den einzelnen Operationen und die hocheffiziente Organisation im OP funktioniere nur mit gut ausgebildetem Praxispersonal und einem seit vielen Jahren eingespielten OP-Team. So sei es möglich, dass viele Aufgaben an das Personal delegiert werden könnten und dadurch Leistungen überlappend und zeitsparend stattfinden könnten. Die eigentliche OP-Zeit einer Kataraktoperation sei ebenfalls sehr kurz, da der Chirurg ebenfalls sehr erfahren sei. So sei es möglich, dass die OP- und Wechselzeiten in der Regel 35 Minuten nicht überschreiten würden. Dadurch ergebe sich die Differenz zu den von der Beklagten als Prüfzeit angesetzten 53 Minuten. In den Fällen, in denen die Ziffer 31822 abgerechnet worden sei, sei auch eine Kombinationsnarkose erbracht worden.
Mit Schreiben vom 10.07.2012 teilte die Beklagte mit, dass sie nach wie vor begründete Zweifel habe, dass die Klägerin ordnungsgemäß abgerechnet habe. Diesbezüglich wurde die Klägerin gebeten, die Narkoseprotokolle eines Beispieltages zu übersenden.
Dem kam die Klägerin nach und legte 22 Narkoseprotokolle und die dazugehörigen Anamnesebögen vor.
Mit Bescheid vom 07.03.2013 hob die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale III bis IV/08 auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 56.458,99 € netto. Die Prüfung der Quartale I und II wurde wegen zeitlicher Verfristung eingestellt. Zur Begründung der Aufhebung und Rückforderung wurde ausgeführt, dass die Klägerin ...