Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarztrecht
Leitsatz (amtlich)
Tagesprofilüberschreitungen können arztbezogen auch in Berufsausübungsgemeinschaften festgestellt werden.
2. Bei der Ermittlung der Honorarkürzung kommt es auf honorarbegrenzende Maßnahmen, insb. auch nicht auf Budgetierungen von Gesprächsleistungen an, da von einem durchschnittlichen Wert aller Leistungen auszugehen ist.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die sechs Quartale I/14 bis III/15 mit Ausnahme des Quartals III/14 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 27.598,69 €.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus einem Arzt für Allgemeinmedizin und zwei praktischen Ärzten, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
In den Quartalen IV/13 bis III/15 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
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Quartal |
IV/13 |
I/14 |
II/14 |
III/14 |
Honorarbescheid v. |
07.04.2014 |
16.07.2014 |
06.10.2014 |
05.01.2015 |
Gesamthonorar netto in € |
190.713,12 |
224.227,66 |
207.655,79 |
191.863,32 |
Bruttohonorar PK + EK gesamt in € |
191.015,26 |
224.515,60 |
207.422,68 |
192.233,69 |
Fallzahl gesamt PK + EK |
3.223 |
3.378 |
3.281 |
3.285 |
Quartal |
IV/14 |
I/15 |
II/15 |
III/15 |
Honorarbescheid v. |
02.04.2015 |
03.07.2015 |
30.09.2015 |
06.01.2015 |
Gesamthonorar netto in € |
199.534,89 |
242.429,55 |
216.864,01 |
205.505,26 |
Bruttohonorar PK + EK gesamt in € neu |
199.793,49 |
242.380,73 |
217.907,35 |
206.214,79 |
Fallzahl gesamt PK + EK |
3.397 |
3.649 |
3.393 |
3.480 |
Die Beklagte führte für die Quartale IV/13 bis III/15 eine Plausibilitätsprüfung durch. Sie übersandte der Klägerin unter Datum vom 07.07.2016 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale, die lediglich Herrn Dr. B. und Herrn Dr. C. betrafen, unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Herr Dr. B. wies unter Datum vom 24.07.2016 darauf hin, im Quartal I/15 hätten sie weit über 4.000 Patienten betreut. Eine Grippewelle habe ein hohes Patientenaufkommen verursacht. Somit sei für ihn die minimale Zeitüberschreitung erklärbar. Bei ihnen könne jeder Patient seinen Arzt auswählen. Ein Wechsel sei auch innerhalb eines Quartals möglich. Sie hätten keine Bestellpraxis. Jeder Patient werde in Reihenfolge behandelt. Er mache fast alle Hausbesuche der Praxis. Er betreue die Patienten in fünf Altenheimen alle 14 Tage. Die Nr. 01413 habe einen Zeitwert von 7 Minuten. Diese sei von ihm am Montag, dem 19.01. und 17.02.2016 31 bzw. 33-mal abgerechnet worden. Kenne man den Patienten im Altenheim, benötige man meist keine 7 Minuten pro Patient. Dasselbe gelte für Patienten in der eigenen Wohnung, Nr. 01410 EBM. Gesundheitsuntersuchungen häuften sich im ersten Jahresquartal. Sie beschäftigten acht Mitarbeiterinnen, die den Ärzten zuarbeiteten. Die Nr. 01732 EBM (Gesundheitsuntersuchung) benötige weniger als 20 Minuten, da ein Teil der Leistungen am Folgetag bei Besprechung der Blutergebnisse, Erklärungen, Therapiemaßnahmen erbracht werde. Nach fast 30 Jahren ärztlicher Tätigkeit seien sie in den Praxisabläufen routiniert, sicher und optimiert. Seine Arbeitszeit beginne morgens um 7:00 Uhr und ende dann, wenn der letzte Patient zu seiner Zufriedenheit behandelt sei. Die Klägerin führte unter Datum vom 01.08.2016 weiter aus, das Praxisteam bestehe aus 12 Personen, die Praxis arbeite eine Sechs-Tage-Woche, ganztags 12 Stunden von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr, außer Mittwoch und Samstag, an diesen Tagen sei sie sechs Stunden, von 6:00 Uhr bis 12:00 Uhr geöffnet, mit Hausbesuchen.
Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten hörte die Klägerin am 31.08.2016 an. Für die Klägerin nahmen Dr. C. und Dr. A. teil.
Die Beklagte hob aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung mit Bescheid vom 19.10.2016 die Honorarabrechnung der Praxis des Klägers für die Quartale I/14 bis III/15 mit Ausnahme des Quartals III/14 auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 27.598,69 €. Im Einzelnen nahm sie folgende Berichtigungen vor:
Quartal Kürzungsbetrag in € netto I/14 3.013,55 II/14 246,63 IV/14 1.624,02 I/15 5,0418.407,44 II/15 3.483,03 III/15 824,02 gesamt
Zur Begründung verwies sie auf die Tages- und Quartalsprofile des Dr. C. und des Dr. B. und gab für beide Ärzte jeweils ein Tagesprofil mit der Anzahl der einzelnen Leistungen an.
Tages- und Quartalsprofile des Dr. C.:
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Tagesprofil |
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Maximale |
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Quartalsprofil |
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Anzahl Tage |
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davon |
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Arbeitszeit |
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Zeitsumme |
Überschreitung |
Quartal |
≫ 12 Std. |
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≫ 16. Std. |
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pro Tag im Quartal |
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Std. : Min. |
Std. : Min |
IV/13 |
0 |
|
0 |
|
09:00 |
|
1.203:53 |
423:53 |
I/14 |
18 |
|
3 |
|
18:58 |
|
1.419:45 |
639:45 |
II/14 |
3 |
|
0 |
|
13:45 |
|
1.243:06 |
463:08 |
III/14 |
2 |
|
0 |
|
14:22 |
|
1.239:05 |
459:05 |
IV/14 |
14 |
|
3 |
|
18:02 |
|
1.360:59 |
580:59 |
I/15 |
38 |
|
27 |
|
29:34 |
|
1.908:18 |
1.128:18 |
II/15 |
22 |
|
4 |
|
18:38 |
|
1.505:22 |
725:22 |
III/15 |
10 |
|
0 |
|
14:59 |
|
1.351:10 |
571:10 |
Tages- und Quartalsprofile des Dr. B.: